 St. Petersburg. Der Konflikt um das Ergebnis der Präsidentenwahlen in Abchasien hat einen absurden Höhepunkt erreicht: Das Oberste Gericht des international nicht anerkannten Zwergstaates verkündete drei Mal hintereinander widersprüchliche Entscheidungen. Am Freitag Morgen verstummte das abchasische Radio und Fernsehen.
Am Donnerstag-Abend verkündete Richter Georgi Akaba nach einer zehn Tage dauernden Anhörung seine erste Entscheidung zum Wahlergebnis vom 3. Oktober: Er wies einen Widerspruch von Chadschimba gegen die Entscheidung der Wahlkommission zurück, die den Oppositionskandidaten Sergej Bagapsch zum Wahlsieger gekürt hatte. Der zunächst von Moskau wie auch vom bisherigen Präsidenten Ardsindba unterstützte Chadschimba hatte gefordert, die Wahlen für ungültig zu erklären. Eine Nachzählung der Wahlprotokolle durch das Gericht habe 44.002 Stimmen für Bagapsch gegenüber 30815 für Chadschimba ergeben, so der Richter.
Mitten in der Nacht, um 3.20 Uhr, verlas der Richter dann jedoch ein ganz anderes Urteil: Alle vorherigen Entscheidungen der Wahlkommission seien ungültig. Die Wahlen müssten im Dezember neu angesetzt werden. Diese Entscheidung sei endgültig und nicht anfechtbar, erklärte Richter Akaba.
Nächtliche Urteilsverkündung unter Zwang
Die Verkündung des Urteils geschah jedoch unter ungewöhnlichen Bedingungen: Im Saal befanden sich nur russische Journalisten und ein Beisitzer, weder Anwälte noch Staatsanwälte noch Vertreter der Wahlkommission waren anwesend - dafür aber etwa 100 Anhänger Chadschimbas, die nach der für sie unerfreulcihen ersten Entscheidung das Gerichtsgebäude gestürmt hatten.
„Chadschimbas Anhänger haben den Richter faktisch als Geisel genommen, weshalb ich diese Entscheidung nicht anerkenne. Ein Urteil gab es schon vorher, alles andere wurde mit Gewalt erreicht“, erklärte Sergej Bagapsch in der Nacht.
Am Freitag morgen bestätigte der Richter diese Umstände: Seine nächtliche Entscheidung sei nicht rechtskräftig, da sie unter Druck der Chaschimba-Leute zustande gekommen sei: Er selbst, die Beisitzer und der Staatsanwalt seien mit Gewalt festgehalten worden. Auch sei bei der Attacke auf das Gericht der Safe aufgebrochen und die Wahlunterlagen gestohlen worden.
Das Oberste Gericht als Wahl-Schlachtfeld
Nach dieser zweiten Kehrtwendung wurde das Gerichtsgebäude in Suchumi erneut von Chadschimba-Anhängern gestürmt. Laut newsru.com kam es zu Prügeleien zwischen den Gefolgsleuten der beiden Kandidaten, die sich bislang bemüht hatten, den Ausbruch offener Feindseligkeiten zu verhindern.
Nach Angaben der abchasischen Vertretung in Moskau tagt in Suchumi gegenwärtig der Sicherheitsrat der Republik. Die Lage sei angespannt. Seit dem Morgen schweigt das Radio und das Fernsehen der Republik. Auch russische Kanäle werden nicht mehr ausgestrahlt. Darüber, ob das Sendezentrum in Suchumi von Bagapsch-Anhängern oder den Behörden besetzt sei, gibt es widersprüchliche Informationen. Die Lage bleibt vorerst verworren. Klar ist nur, dass die von Georgien abgespaltene Schwarzmeer-Republik ihr erstes Examen in Demokratie grandios verpfuscht hat.
(ld/.rufo)
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