St. Petersburg. Die Parlamentarische Versammlung des Europarates hat gestern gleich drei Resolutionen zu Tschetschenien verabschiedet. Mit den Dokumenten zur politischen Lage und zur Flüchtlingssituation konnte sich die russische Delegation anfreunden, nicht aber mit der harten Kritik zur Menschenrechtslage.
Bei der Sitzung trat Alu Alchanow erstmals in seiner neuen Rolle als Präsident der Kaukasus-Republik mit einem Vortrag auf. Dennoch wird er vom Europarat nicht als demokratisch gewählter Präsident Tschetscheniens anerkannt.
Andreas Gross, der aus der Schweiz kommende Berichterstatter der Parlamentarischen Versaamlung zu den politischen Verhältnissen in Tschetschenien, hatte erklärt, dass es bei den Präsidentenwahlen im August zu viele Verstöße gegen die demokratischen Spielregeln gegeben habe. Die russische Delegation tröstete sich deshalb damit, dass ja schon allein der Auftritt Alchanows dessen “europäischer Inauguration“ gleichkomme. In der Resolution heißt es aber, dass die für 2005 geplanten Parlamentswahlen in Tschetschenien „den bisherigen Prozessen Legitimität verschaffen können“.
Ein runder Tisch ohne Ecken und Kanten
Als Zwischenlösung möchten die europäischen Parlamentarier nun in Straßburg einen runden Tisch der verschiedenen tschetschenischen Kräfte einberufen. Auf russischen Wunsch werden dazu aber nur solche Vertreter eingeladen, die für die russische „territoriale Integrität“ sind und keine Terrormethoden anwenden. Worin ohne Beteiligung der Separatisten der Sinn einer innertschetschenischen Diskussion auf europäischem Parkett besteht, blieb aber dann eine offene Frage.
Umso heftiger enzündeten sich die Debatten um den Bericht des deutschen Abgeordneten Rudolf Bindig zur Menschenrechtslage. Bindig nannte sie „katastrophal“. Die russischen Fortschritte bei der Verfolgung und Unterbindung von Menschenrechtsverletzungen seien minimal.
Die russische Delegation, darunter der Vizegeneralstaatsanwalt Sergej Fridinski, beschuldigte den deutschen Abgeordneten, dabei falsche Zahlen zu präsentieren, die nicht den Moskauer offiziellen Informationen entsprächen. Bindig konterte wütend damit, dass er seine Daten bei einem Moskau-Besuch zwar nicht auf offiziellem Amtsweg mit allen nötigen Siegeln erhalten habe – aber doch aus der Staatsanwaltschaft, und zwar zum Teil von Fridinski persönlich.
Die Menschenrechts-Resolution wurde dann aber ohne jegliche Änderungen, von denen Russland 20 Stück vorschlug, mit der nötigen Zweidrittelmehrheit angenommen. Dafür stimmten 62 Abgeordnete, dagegen 25.
(ld/.rufo)
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