Moskau. Im Januar vergangenen Jahres hatte der Direktor des Sacharow-Museums, Jurij Samodurow, und zwei Mitarbeiterinnen die Ausstellung „Vorsicht Religion“ organisiert. 40 Künstler hatten sich dort kritisch mit der orthodoxen Kirche und dem Glauben auseinandergesetzt. Seit Dienstag stehen die Organisatoren dafür vor einem Moskauer Gericht. Ihnen drohen bis zu fünf Jahre Gefängnis oder circa 10.300 Euro Strafe.
Die Museumsleute werden laut Artikel 282 des Strafgesetzbuches beschuldigt: „Hass und Zweitracht verbreitet und die Würde einer Gruppe aufgrund ihrer Nationalität und religiösen Überzeugung erniedrigt“ zu haben. Museumsdirektor Samodurow hält dem Vorwurf eine pragmatische Ansicht entgegen: religiöse Menschen hätten der Schau fernbleiben können.
Es ist das erste Mal in Russland, dass Vertreter der Kunstszene wegen ihrer Meinungsäußerung vor Gericht stehen. Zwar gab es bereits Strafanzeigen gegen verschiedene Künstler, doch ein Prozess wurde ihnen nicht gemacht. „Wenn wir verlieren, wird es ein Präzedenzfall für weitere ideologische Verfolgungen“, befürchtet der Leiter der Vereinigung „Für Menschenrechte“, Lew Ponomarjew.
Samodurows Anwalt, Jurij Schmidt, sagte am Ende des ersten Prozesstages: „Diese schreckliche Beschuldigung ist eine Inquisition; ein Rückfall ins 16. Jahrhundert.“ Einen Schuldspruch wollen die Angeklagten auf keinen Fall hinnehmen. Im äußersten Fall würden sie vor den Straßburger Gerichtshof für Menschenrechte ziehen.
(sp/.rufo)
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