Moskau. Der ins Exil getriebene russische Medienmagnat Wladimir Gussinski hat vor dem europäischen Menschengerichtshof einen Prozess gegen Russland gewonnen. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Gussinski im Juni 2000 zu Unrecht inhaftiert worden war. Dem Milliardär steht nun eine Entschädigung in Höhe von 88.000 Euro zu. Russland hat nur äußerst geringe Chancen, das Urteil anzufechten.
Der russische Vertreter im Menschenrechtsgerichtshof, Pawel Laptew, zeigte sich enttäuscht von der Entscheidung. “Dies ist der Beleg für doppelte Standards des Europäischen Gerichtshofs”, erklärte er. Die hohe Entschädigung für Gussinski stehe im Widerspruch zu anderen Urteilen, kritisierte der Kreml-Emissär.
Unmittelbar nach der Machtübernahme von Wladimir Putin waren die kremlkritische Medienholding und ihr Haupteigentümer Gussinski zunehmend in die Schusslinie der Staatsanwälte geraten. Während seines dreitägigen Zwangsaufenthaltes im Moskauer Untersuchungsgefängnis “Butyrka” bot niemand anderes als der damalige Presseminister Michail Lessin Gussinski die Freiheit und forderte im Gegenzug, der Milliardär müsse sich von allen seinen Medienbeteiligungen in Russland trennen.
Nach seiner Freilassung desavuierte der Magnat seine Unterschrift unter ein entsprechendes Abkommen, verließ das Land und verlor im Frühjahr 2001 auf juristisch äußerst fragwürdige Weise zuerst den Fernsehsender NTW und dann seine übrigen Massenmedien an den staatsnahen Gasprom-Konzern.
Das Gericht in Straßburg urteilte nun, die Verhaftung Gussinskis sei lediglich ein Instrument in den Verkaufsverhandlungen mit dem Milliardär gewesen. Damit sei eine Verletzung der europäischen Grundrechte-Charta gegeben.
Nach dem Sieg des Putin-Erzfeindes Gussinski kann sich auch ein weiterer inhaftierter Häftling wieder Hoffnungen machen. Russlands reichster Geschäftsmann Michail Chodorkowski, der wegen angeblicher Steuerhinterziehung seit Monaten in Haft sitzt, hat ebenfalls eine Beschwerde in Straßburg eingereicht. Auch Chodorkowskis Anwälte versuchen darin zu belegen, dass die Untersuchungshaft einzig aus dem Grund veranlasst wurde, um Druck auf ihren Mandanten auszuüben.
(kp/.rufo)
|