Von André Ballin, Moskau. Der russische Exil-Oligarch Wladimir Gussinski kommt für 100.000 Euro aus dem Untersuchungsgefängnis Koridallos frei. Er wird in das Luxushotel „Intercontinental“ übersiedeln, darf Griechenland allerdings erstmal nicht verlassen. Mit der Entscheidung kam das Gericht einer Forderung der Gussinski-Anwälte nach, die am letzten Donnerstag eine Freilassung ihres Mandanten gegen Kaution verlangt hatten. Nichtsdestotrotz gehen die Auslieferungsbemühungen Russlands weiter. Doch russische Zeitungen berichten auch über Gegendruck aus den USA und Israel.
Angeblich, so spekuliert die Tageszeitung „Rossia“, sollen den Griechen sogar Schwierigkeiten bei der Durchführung der Olympischen Spiele 2004 drohen, wenn sie Gussinski an Russland ausliefern. Diese Befürchtungen sind sicher übertrieben, dennoch scheint es sicher, dass zumindest Israel alles tun wird, um seinen Staatsbürger (Gussinski besitzt die israelische Staatsbürgerschaft seit zehn Jahren) vor einer Auslieferung nach Russland zu schützen.
Zwar gibt es keine offizielle Reaktion von Seiten Israels, doch der Knesseth-Abgeordnete Juri Stern (Vorsitzender des Parlamentsausschusses für Russland) machte im Interview mit der Tageszeitung Kommersant deutlich, was sein Land von der Aktion hält: „Mir scheint, dass die russische Führung einen ernsten Fehler begeht, wenn sie der ganzen Welt demonstriert, dass sie Leute verfolgen kann. Offiziell kann sich unser Land natürlich kaum in den Fall einmischen, aber durch inoffizielle Kanäle werden wir natürlich zu verstehen geben, dass die Situation nicht zu tolerieren ist. Ich glaube, dass die Verfolgung Gussinskis Russland selbst schadet und sein Image vor der ganzen Welt gefährdet.“
Auch den Kremlherren scheint die Verhaftung Gussinskis eher Unbehagen als wahre Freude zu bereiten. Generalstaatsanwalt Wladimir Ustinow, der sonst keine Gelegenheit auslässt, sich bei Erfolgen seiner Behörde der Presse zu präsentieren, schwieg diesmal ungewöhnlich eisern. Eigentlich hat die russische Staatsanwaltschaft auch nicht viel in der Hand, um auf ihrem Auslieferungsantrag zu bestehen. Die Betrugs-Klage von Gasprom gegen Gussinski hat der Gaskonzern schon vor einer ganzen Weile zurück gezogen.
So könnte Gussinski, der beileibe kein Unschuldslamm ist, wieder einmal der russischen Justiz entwischen. Aber die hat ja immerhin noch Platon Lebedjew. Der inzwischen fast in Vergessenheit geratene Milliardär sitzt seit Anfang Juli in Untersuchungshaft. Am Donnerstag verlängerte ein Gericht diese Frist um zwei weitere Monate. Lebedjew wäre wohl jetzt auch lieber in Griechenland.
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