Moskau. Die russische Generalstaatsanwaltschaft hat am Donnerstag auf ihrer Webseite die vollständige Anklage gegen den Yukos-Großaktionär Platon Lebedjew veröffentlicht. Lebedjew und der ebenfalls inhaftierte ehemalige Yukos-Chef Michail Chodorkowski hätten ab 1994 eine “kriminelle Gruppierung” gegründet, um während der Privatisierung auf “betrügerische Art und Weise” in den Besitz von Unternehmen zu gelangen.
Weitere führende Mitglieder der Gruppierung seien Topmanager der Menatep-Bank gewesen, heißt es in dem Papier. Die Chodorkowski-Anwältin Karinna Moskalenko kritisierte die Veröffentlichung der Anklageschrift, da die Angeklagten damit in der Öffentlichkeit bereits vor dem Prozess vorverurteilt würden.
In Moskau ging gleichzeitig die Diskussion um einen ganzseitigen Chodorkowski-Artikel weiter, der Anfang der Woche in der Wirtschaftszeitung “Wedomosti” veröffentlicht worden war. Der inhaftierte Wirtschaftsmagnat kritisiert darin das Verhalten der neuen russischen Superreichen in den 1990-er Jahren. Sie hätten nichts gegen die Verarmung der Bevölkerungsmehrheit getan. Finanzminister Alexej Kudrin wertete den Text als Anzeichen von Reue bei Russlands ehemals reichstem Mann.
In dem Beitrag “Die Krise des Liberalismus in Russland” kritisiert Chodorkowski, auch Russlands liberale Reformer hätten während der Reformjahre die Interessen der Bevölkerung ignoriert. Bei aller Kritik an Putin sei es dessen Verdienst, die echten Hardliner gebändigt zu haben, schreibt Chodorkowski: “Putin ist wahrscheinlich kein Liberaler und kein Demokrat, aber aber ist gleichzeitig liberaler und demokratischer als 70 Prozent der Bevölkerung.”
Das Moskauer Gericht, dass auch die bisherigen Haftverlängerungen des Milliardärs abgesegnet hatte, beantragte unterdessen am Donnerstag, die Auslandskonten der Chodorkowski-Anwälte zu beschlagnahmen. Die Schweizer Behörden hatten auf Antrag aus Moskau zuvor die Konten der Yukos-Großaktionäre sperren lassen.
(kp/.rufo)
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