 St. Petersburg. Am dritten Tag seines Staatsbesuchs in Großbritannien hat Wladimir Putin eine Menge Arbeit zu bewältigen. Während er am Dienstag und Mittwoch ein sehr umfangreiches Repräsentations- und Besichtigungsprogramm in London und Edinburgh absolvierte, stehen am Donnerstag konkrete ökonomische Entscheidungen und handfeste politische Verhandlungen auf der Tagesordnung.
Bis heute war der Besuch des russischen Präsidenten in Großbritannien nicht mehr als ein gewaltiges, in strengste Rahmen gezwängtes gesellschaftliches Ereignis. Für Putin, der eine intensive Arbeitsatmosphäre protokollarischen Ausgeklügeltheiten jeder Art vorzieht, wird das am Donnerstag in London anstehende Energieforum und die anschließende Unterredung mit Tony Blair in der Downing Street deshalb eine willkommene Rückkehr in die Normalität bedeuten.
Reichlich unwohl mag sich Putin in Frack und Fliege gefühlt haben, die beim Empfang bei Queen Elisabeth vorgeschrieben waren. Ein Journalist der Tageszeitung „Kommersant“ philosophierte heute lang und breit, ob die Fliege denn nun zu groß gewesen sei oder nicht. Und wenn ja, warum wohl niemand in den britischen Medien ein Wort darüber verloren hätte. War da nicht etwa die berühmt-berüchtigte englische Unterkühltheit am Werk? Oder konnte sich besagter Journalist einfach nicht losreißen von dem überwältigenden Eindruck, den ein befrackter und befliegter Putin auf ihn ausübte? Zugegeben, so hat man ihn noch niemals in der Öffentlichkeit gesehen.
Den zweiten Tag der Visite verbrachte das Ehepaar Putin zu Gast im schottischen Edinburgh. Auch hier reihten sich Empfänge und Besichtigungen aneinander. Bei einem Treffen mit der „schottischen Elite“ erzählte Putin seinen Gastgebern von der wirtschaftlichen Aufwärtsentwicklung in Russland und stellte sich dann den Fragen der Anwesenden. Dabei wurde viel gelacht, etwa als Putin auf die Frage, was er der britischen und amerikanischen Führung hinsichtlich des Irak raten würde, trocken von sich gab: „Wenn Sie erlauben, sage ich denen das bei einem persönlichen Gespräch.“
Zum Geschenk bekam der Präsident etwas typisch Schottisches – ein Stück karierten Stoff, aus dem er sich bei Bedarf einen ganz eigenen Schottenrock nähen lassen kann. Und am Abend war Putin bereits wieder in London und ließ den nächsten hochoffiziellen Empfang über sich ergehen.
Am Donnerstag begann dann wieder der Ernst des Lebens. Gemeinsam mit Tony Blair eröffnete Putin die Energiekonferenz im Lancaster House. Hier werden heute milliardenschwere Geschäfte auf dem Energiesektor unter Dach und Fach gebracht (www.aktuell.RU berichtete).
Im Anschluss an die Wirtschaft tritt dann die große Politik in ihre Rechte. In der Downing Street 10 werden Blair und Putin sich mit der Lage in der Welt und den russisch-britischen Beziehungen befassen. In Moskau ist man der Meinung, die Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich des Krieges im Irak würden keine Rolle mehr spielen in den bilateralen Beziehungen. Großbritannien signalisierte seinerseits Unterstützung für die russische Position im Tschetschenien-Konflikt.
Am Abend muss sich Wladimir Putin wohl noch einmal in Frack und Fliege werfen – laut Protokoll ist nun er an der Reihe, für die Königin ein Bankett zu geben.
(sb/rufo)
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