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02-07-2004 Kultur

Projekt Organizm: Klang-Visionäre in Moskau

Projekt Organizm Moskau. Bei Tüfteleien, wie übrigens jeder anderen schöpferischen Tätigkeit, werden unkonventionelle Wege zum Ziel gefunden. Grenzen müssen überwunden werden, um einer Vision nahe zu kommen. Musikalische Visionäre – Klangtüftler – kommen an diesem Freitag und Samstag in Moskau zu einem Indie-Tronik-Festival zusammen.

Vier deutsche Musikutopisten geben sich die Ehre, ihr ungewöhnliches Elektronik-Material in Moskau auf die Bühne zu bringen. Wenn es um elektronische Musik geht, scheiden sich die Geister bekanntlich. Tradierte Musikhörer wollen Gitarren, Schlagzeug und eingängige Refrains. Diese gibt es im Elektronik-Bereich selten: Texte fehlen meist gänzlich, denn sie haben eine gewisse Ächtung erlebt.

Das Hauptgewicht dagegen liegt auf Basslinien, Synthesizerklängen und BPM – Beats per Minute. Vereinfacht und tradiert betrachtet, lautet so der Grundtenor der elektronischen Musik. Doch die Welt der Computermusik, deren Väter als Techno und House und Trance bezeichnet werden, hat sehr eigenständige Formen entwickelt und geht seit einigen Jahren neue Wege.

Außergewöhnlich bodenständig findet beispielsweise Mascha Qrella zur Elektromusik. Ihre Grundinstrumentierung ihrer Musik entspringt den Rock- und Popsphären. Dies kombiniert mit Synthesizern und einer lieblich-festen Stimme entstehen atmosphärische Klänge, die an Portishead oder die Cardigans erinnern. Rein gar nichts klassisches läßt Felix Kubin erwarten. Er ist der große Experimentelle, der zwischen Lärm, Rhythmik und Melodie immer wieder vorhandene Nischen des Unbekannten sucht und findet.

Ebenso freigeistig bewegt sich Jim Avignon – Kopf von NEOANGIN – durch die Welt. Als eine der federführenden Figuren der Berliner Pop-Art-Szene machte Avignon bald auch der Musikszene Avancen. Kaum eine Stilrichtung wird vergessen: Tango, Country, Reggae, Polka, Post- und Indie-Rock werden geschüttelt und gerührt und sind am Ende ähnlich schrill und bunt wie seine Kunstwerke.

Als letzter Elektronik-Held wird Nova-Huta die Bühne betreten. Benannt nach einer Arbeiterstadt vor den Toren Krakaus, ist er der heimliche Iggy Pop der Indie-Tronik-Szene und gilt zudem als Meister seltsamster Melodiepflänzchen. Voller Energie und Melancholie zugleich sind die genreübergreifenden Kompositionen die mit und ohne vokale Begleitung ein Ohrenschmaus sind.

Bei www.aktuell.RU:
• Chers Abschiedsgruß an Russland (23.06.2004)
• McCartney
• Total antikonformistisches Stereo-Konzert (07.06.2004)

Alles in allem wird dieses Festival eine Freude für alle Freunde des unabhängigen Musiklebens und wahnsinniger Musiker. Wo elektronische Musik schon fast an ihre Grenzen stößt und das Ohr belastet, wird das vom „Klub na Brestskoj“ und dem Goethe-Institut Moskau organisierte „Projekt Organizm“ eine interessante und witzige Überraschung für Ohren und Augen. Jeder der in Moskau Anflüge von Langeweile spürt, sollte sich aufmachen, die Welt der Elektronik neu zu entdecken.

Konzerte sind am Freitag um 21 Uhr im „Klub na Brestskoi“ und am Samstag um 15 Uhr an der Gorbuschka.
(cu/.rufo)

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