Moskau. Die Europäische Union wird einen Beitritt Russlands zur Welthandelsorganisation WTO offenbar nicht mehr von einer Reform der russischen Inlands-Energietarife abhängig machen. Bei der kommenden Verhandlungsrunde zum WTO-Beitritt werde die EU wahrscheinlich auf ihre Forderung verzichten, berichtete die „Iswestia“ unter Berufung auf Kreise im russischen Wirtschaftsministerium. Die EU hatte Russland bislang stets aufgefordert, Strom- und Gaspreise auf dem Binnen- und Außenmarkt anzugleichen.
Eine solche Forderung ist in den WTO-Richtlinien nicht festgeschrieben und wurde bislang keinem Land außer Russland gestellt. Die russische Seite vetrat in den Verhandlungen die Ansicht, dass die niedrigen Inlandspreise marktwirtschaftliche Konsequenz eines „natürlichen Vorteils“ seien. Die EU fasst die für europäische Verhältnisse beispiellos niedrigen Preise dagegen als indirekte Subventionierung der russischen Industrie auf. Die russische Seite schließt nicht aus, dass die EU sich einen möglichen Verzicht auf die Einführung westlicher Energiepreise durch Zugeständnisse in anderen Verhandlungsbereichen vergüten lassen will.
Inzwischen verabschiedete die Duma ein Gesetz-Paket über die Reform der russischen Stromwirtschaft, dass den Markt weitgehend liberalisiert. Regionale Energieunternehmen nutzen bereits die Gunst der Stunde und erhöhen die Tarife. In mehreren Regionen ermittelt bereits die Staatsanwaltschaft. In Stawropol setzten die Behörden eine vollständige Rücknahme der Preissteigerung durch.
Die russischen Hoffnungen, auch die Weltbank werde die russische Position im Tarifstreit unterstützen, erhielten inzwischen einen Dämpfer. Christoph Ruel, Chef-Ökonom der russischen Abteilung der Weltbank erklärte, der Binnen-Preis für tausend Kubikmeter Erdgas in Russland müsse auf 35 bis 40 Dollar nahezu verdoppelt werden. Als Begründung führte Ruel an, dass die heutigen Gaspreise in Höhe von 20 bis 21 Dollar pro tausend Kubikmeter die Unkosten des Monopolisten „Gasprom“ nicht decken.
(bw/.rufo)
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