Moskau. Je mehr dementiert wird, desto bereitwilliger glaubt man an die zwielichtige Beziehung zwischen dem früheren Stasi-Agenten Mathias Warnig und seinem KGB-Kollegen Wladimir Putin, zwischen dem russischen Präsidenten und dem Dresdner Bank-Chef Russland. Kein Wunder, dass in Moskau der Akzent nicht auf Dresdner Bank, sondern auf Putin liegt. Und die Verbindung zum heutigen politischen Neustart des Ex-Premiers Kassjanow liegt nahe.
Am Mittwoch brachte die russische Internetzeitung newsru.com ausführliche Auszüge aus einem Artikel des Wall Street Journal, wonach Warnig dem KGB-Offizier Putin in Dresden bei der Anwerbung von Westagenten half. Die Verbindung brach laut WSJ auch nicht ab, als der künftige Präsident aus dem Geheimdienst ausschied und unter dem Demokraten Anatoli Sobtschak Vizebürgermeister von St.Petersburg wurde.
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Schließlich soll Präsident Putin über den Dresdener Ex-Kollegen Warnig die Investment-Tochter der Dresdner, Kleinwort Wasserstein mit der Bewertung der Yukos-Tochter Juganskneftegas kurz vor deren Zerschlagung beauftragt haben, was man in Moskau gern glaubt.
Man bezweifelt Dementis
Am Donnerstag stieg auch die zusammen mit der Financial Times erscheinende „Vedomosti“ in die Berichterstattung ein. Sie zitierte den Ex-Vorstand der Dresdner Bank Bernhard Walter nach dessen Interview im manager-magazin.de. Warnig habe Putin nicht schon in der DDR, sondern überhaupt erst in Moskau kennegelernt, sagte Walter dort.
1991 habe Walter seinen Russland-Experten nach St.Peterburg zur Kontaktaufnahme geschickt, erzählte der Ex-Banker. Dann habe auch er Sobtschak und dessen Stellvertreter Putin kennengelernt. Man habe ihnen gern bei der Lizenzbeschaffung geholfen. Persönliche Kontakte wären gar nicht nötig gewesen.
Ungereimtheiten
Man fragt sich allerdings in Moskau, warum wohl Warnig die Lizenz nicht im Kreml, sondern in St.Petersburg gesucht habe – und vermutet einen Zusammenhang mit dem, was Walter einräumte: die Dresdner Bank habe damals Klinikaufenthaltskosten in Deutschland für Putins Frau Ludmila nach einem Verkehrsunfall übernommen. Mitte der 90er Jahre hätte sich kein mittlerer Beamter in Russland eine solche Möglichkeit entgehen lassen.
Der Versacht liegt auch nicht ganz fern, dass hier eine Hand die andre wusch: Der bevorstehende Aufstieg Warnigs in den Vorstand des Gasprom-Konzerns, der von Putins Vertrautem Alexej Miller geleitet wird, spricht für viele Russen Bände.
Sinnvolle Zurückhaltung
Die Berichte von WSJ (passend zum Gipfel in Bratislawa und dem politischen Revival Michail Kassjanows) und manager-magazin.de werden von russischen Medien in allen Einzelheiten und mit sichtlichem Genuss nacherzählt.
Mit eigenen Berichten, geschweige denn Kommentaren hält man sich dagegen zurück. Dies geschieht vermutlich nicht aus Rücksicht auf die Dresdner Bank und Warnig selbst. So wie dieser hat sich auch der russische Präsident zu der Affäre noch nicht geäußert. Ob sich der Fall seinerseits aussitzen läßt, ist fraglich.
Grober Verstoß gegen goldene Regel
Es ist hinlänglich bekannt, dass KGB-Offiziere Kontakte zu ihren früheren Agenten, die nicht länger gebraucht werden, abreißen oder einschlafen lassen, zumal nach dem eigenen Ausscheiden aus dem aktiven Dienst. Das verlangt eine hausinterne geheime Vorschrift.
Wenn die WSJ-Version stimmt, verstieß Putin gegen diese goldene KGB-Regel. Warum wohl? Nur zu gern würden manche den mustergütligen Saubermann im Kreml bei etwas Schmutzigem ertappen. Und am liebsten zusammen mit einem Deutschen.
(adu/.rufo)
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