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Russland Trumpfkarten: Energiereichtum und geopolitische Lage. Föderanlage im sibirischen Tjumen (Foto: TV)
Russland Trumpfkarten: Energiereichtum und geopolitische Lage. Föderanlage im sibirischen Tjumen (Foto: TV)
Mittwoch, 23.11.2005

Putins Wunderwaffen in Ost und West – Gas und Öl

Moskau. Russland ist weltweit größter Ölproduzent – und spielt seine Trumpfkarte auch aus – in Westeuropa und dem Fernen Osten. Japan will lieber Gas und Öl als die Kurilen. Eine Bilanz der Fernost-Reise Putins.

Vor dem Gipfeltreffen in Seoul hatte Putin im türkischen Samsun zusammen mit dem türkischen Präsidenten Erdogan und dem italienischen Premierminister Berlusconi die neue Gaspipeline „Blue Stream“ eingeweiht, die durch das Schwarze Meer führt und bis nach Italien verlängert werden soll.

Bei Russland-Aktuell
• Putin bringt russisches Gas nach Berlin (07.09.2005)
• Greenpeace beklagt Pipeline-Bau am Baikalsee (07.09.2005)
• Gaspipeline: Europa ohne Grenzen, aber nur für Polen (09.09.2005)
• Ostseepipeline: Gewinn für Schröder und Industrie (29.08.2005)
• Gaspipeline von Russland in die Türkei eingeweiht (18.11.2005)
Auch im Fernen Osten markieren Pipeline-Baupläne und –Abkommen seinen Weg. Über Ostsee, Schwarzes Meer, Mittelmeer, Gelbes und Japanisches (Koreanisches) Meer – Russland umstrickt sich und seine Nachbarn mit neuen Gas- und Ölleitungen und -Lieferungen.

Wladimir Putin war offensichtlich beeindruckt von dem, was er in den letzten Tagen bei seiner Reise nach Südkorea und Japan gesehen hatte. Am Nachmittag noch hatte er mit dem japanischen Kaiser Akichito gesprochen, bevor die Präsidentenescorte über die Highways von Tokio zum supermodernen Flughafen rollte. Am Abend fuhr Putin schon in stockfinsterer Polarnacht vom Flughafen Magadan über die unbeleuchtete Landstraße in die Hauptstadt der russischen Goldgräber.

„Asien entwickelt sich mit Sieben-Meilen-Schritten“, bilanzierte Putin. „Wir müssen uns in diesen Prozess einschalten, um einen guten Platz dort einzunehmen.“ Das Instrumentarium dafür steht ihm auch zur Verfügung: Geopolitische Lage und russisches Gas und Öl einerseits, der asiatische Energiehunger andererseits. Und schließlich die neue Flexibilität der russischen Diplomatie.

Russland fördert mehr Öl als Saudi-Arabien

Wie durch die Veröffentlichung saudi-arabischer Daten am Wochenende deutlich wurde, produziert Russland zeitweise erheblich mehr Öl als Saudi-Arabien. So wurden in Russland im Januar 9.278.000 Barrel täglich gefördert, in Saudi-Arabien 8.897.000 Barrel. Im September war das Verhältnis 9.538.000 Barrel täglich in Russland, bei 9.445.000 in Saudi-Arabien.

Bei der Gasförderung nimmt Russland, das über 60 Prozent der Weltreserven verfügt, sowieso den ersten Platz ein.

Bei Russland-Aktuell
• Orthodoxe Kirche warnt vor Rückgabe der Kurilen (07.12.2004)
• 64 Prozent der Russen gegen Rückgabe der Kurilen (03.12.2002)
• Gibt Russland die Kurilen an Japan ab? (15.11.2004)
• Japans Premier kommt zur Siegesfeier nach Moskau (21.04.2005)
Die Enkel der Samurais werden nachgiebig

Angesichts dieser Fakten war auch Japans Premierminister Junichiro Koizumi bereit, erst übers Geschäft und dann über die Kurilen-Inseln zu reden. Genau genommen wurde die Kurilen-Frage, die bisher die russisch-japanische Kooperation blockierte, während des Putin-Besuches jetzt überhaupt nicht besprochen, sondern auf die Zukunft verschoben. Die russische Taktik, erst und vor allem übers Geschäft zu reden und dann vielleicht über die Inseln zu streiten, trug Früchte.

Koizumi lobte die einmalig gute Atmosphäre. Insgesamt 18 russisch-japanische Wirtschaftsabkommen wurden unterschrieben. Koizumi bescheinigte Putin, dass die bilateralen WTO-Beitrittsverhandlungen abgeschlossen seien.

Russische Energie für Japan – Japanisches Kapital für die russischen Kurilen

Die Atmosphäre war sogar so gut, dass die Japaner dem russischen Vorschlag, in Zukunft die Nordkurilen-Inseln zur gemeinsamen Sonder-Wirtschaftszone auszubauen, nicht mehr ganz abgeneigt schienen.

Die wichtigsten Abkommen betrafen aber die Energiefrage. Ab 2008 soll Japan mit russischen Flüssiggaslieferungen rechnen können. Bis dahin investieren japanische Firmen in den Aufbau von Verflüssigungsanlagen im russischen Fernen Osten.

Der Ölhunger Japans soll mit neuen Pipeline von Taischet (Zentralsibirien) nach Nachodka gestillt werden. Von Nachodka aus sollen Tanker nach Japan verkehren. Die Investitionskosten von etwa 6,5 Milliarden Dollar kann der russische Pipelinekonzern Transneft dank guter Welt-Ölkonjunktur selbst aufbringen.

Gas und Öl für das Reich der Mitte

China, dessen stürmisch wachsende Wirtschaft bisher vor allem vom amerikanisch kontrollierten Nahost-Öl abhängig ist, wird über eine Abzweigung von der Taischet-Nachodka-Pipeline mit Öl versorgt und kann außerdem mit jährlich 7,2 Milliarden Kubikmetern Erdgas rechnen. Diese könnten entweder ebenfalls aus Sibirien oder von Sachalin aus nach China geführt werden. Die Förderkapazitäten auf Sachalin sollen mit Investitionen der potentiellen Abnehmer aufgebaut werden.

Dieses Projekt könnte, so erklärte Putin in Seoul, sowohl mit als auch ohne südkoreanischer Beteiligung realisiert werden.

(gim/.rufo)


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