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Feuergefährlich sind sie, aber russische Pipelines haben doch wenig Gemeinsames mit Wehrmachtskübelwagen, Tiger-Panzern oder T-34. (Foto: Archiv/.rufo)
Feuergefährlich sind sie, aber russische Pipelines haben doch wenig Gemeinsames mit Wehrmachtskübelwagen, Tiger-Panzern oder T-34. (Foto: Archiv/.rufo)
Freitag, 09.09.2005

Gaspipeline: Europa ohne Grenzen, aber nur für Polen

André Ballin, Moskau. Polens Präsident Kwasniewski ist verärgert über die geplante Gas-Pipeline, die polnische Presse gar hysterisch. Einige Polen entdeckten hinter der Ostseetrasse einen neuen „Hitler-Stalin-Pakt“.

Es scheint fast, als ob Russlands Präsident Wladimir Putin und Bundeskanzler Schröder einen kriegerischen Akt gegen das arme Polen eingeleitet hätten. Zumindest wenn man der polnischen Presse glaubt. Da ist in der Zeitung „Wprost“ von einem „Schröder-Putin-Pakt“ zu lesen. Garniert wird die Überschrift von einer historischen Aufnahme, die die Unterzeichnung des „Hitler-Stalin-Pakts“ durch die damaligen Aussenminister Ribbentropp und Molotow zeigt.

Polen kann nur eines nicht mehr: bei Transit-Tarifverhandlungen überhöhte Forderungen stellen

Dabei haben Putin und Schröder lediglich ein bereits lange geplantes Wirtschaftsprojekt schriftlich vereinbart: Den Bau einer Gasleitung vom russischen Wyborg bis zur deutschen Stadt Greifswald quer durch die Ostsee.

Polen verliert damit die Möglichkeit, bei Tarif-Verhandlungen über Transitgebühren kräftig zu zulangen. Das ist zwar schlecht für den polnischen Staatshaushalt, aber gut für den deutschen Gas-Konsumenten.

Bei Russland-Aktuell
• Putin gibt Gas - Je mehr, desto besser (08.09.2005)
• Putin bringt russisches Gas nach Berlin (07.09.2005)
• Ostseepipeline: Gewinn für Schröder und Industrie (29.08.2005)
Schlecht für den polnischen Staatssäckel, aber gut für den deutschen Gas-Konsumenten

Doch ist das Geschäft deshalb auch ein politischer Skandal? In Polen zumindest ist von Verrat die Rede. Nun sei das Land der „Gaserpressung“ Russlands schutzlos ausgeliefert, argumentieren die Gegner der Ostseepipeline. Russland hatte in der Vergangenheit im Streit mit Weißrussland und der Ukraine den beiden Nachbarn schon mal den Gashahn zugedreht. Gleiches befürchten nun die Polen ab 2010, wenn die Leitung fertig gestellt ist.

Hat nun also Deutschland die moralische Pflicht, die politischen Ambitionen der Polen zu unterstützen und auf eine billigere Lieferung von Erdgas zu verzichten? Bei dieser Frage wird wohl vergessen, dass Deutschland sich bislang theoretisch in einer ähnlichen Situation gegenüber Polen befindet.

Bei Russland-Aktuell
• Russisch-polnischer Schlagabtausch greift um sich (12.08.2005)
Polen könnte, sobald es einen Konflikt mit Deutschland gibt, immer auf das Druckmittel zurückgreifen, den Gastransit einzustellen. Es ist nicht zu erwarten, dass dies geschieht, denn Polen und Deutschland sind zivilisierte Nachbarn und gemeinsam Mitglieder in der EU, die politischen Streit (inzwischen) im diplomatischen Dialog lösen.

Moskau hat auch Minsk und Kiew das Gas nicht aus politischen Gründen abgedreht

Doch eigentlich sollte das auch für die Beziehungen zwischen Russland und Polen gelten. Die Befürchtungen der Polen, dass Russland ihnen aus politischen Beweggründen den Gashahn zudreht, sind paranoid. Moskau hat auch Kiew und Minsk nicht aus politischen Gründen das Gas abgestellt, sondern nur, weil die Gasrechnung nicht bezahlt worden waren. Das aber sind nun mal die Regeln der Marktwirtschaft.

Ist Globalisierung nur solange gut, wie sie Polen nützt?

Und einer der wenigen Vorteile der Globalisierung aller Wirtschaftsbeziehungen ist es schliesslich, dass Energie-, Rohstoff- und Produktionsresourcen weltweit immer einfacher zu haben sind. Es passt schlecht zusammen, wenn Polen einerseits dieses Prinzip natürlich für sich im Rahmen der EU geltend macht; freien Fluss polnischer Arbeitskräfte in Europa will, aber freien Gastransit ablehnt.

Es kann auch nicht sein, dass Deutschland jedes Mal bei den Polen um Erlaubnis fragen muss, um einen Wirtschaftsvertrag mit Russland zu schließen. „Die Pipeline richtet sich gegen niemanden“, rechtfertigte Kanzler Schröder das Projekt und hat damit wohl Recht.

Schliesslich sollen durch die Ostseepipeline zusätzlich zum polnischen Transit Gaslieferungen nach Deutschland und Westeuropa kommen. Auch eine Spaltung der EU ist also durch die neue Trasse nicht zu erwarten. Eher eine stärkere Verbindung zwischen West- und Osteuropa – bis hin zu den gewaltigen Gasfeldern Sibiriens.

(ab/.rufo)


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