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Der polnische Journalist Pawel Reczka wurde auf offener Straße zusammen geschlagen (foto: Radio Liberty)
Der polnische Journalist Pawel Reczka wurde auf offener Straße zusammen geschlagen (foto: Radio Liberty)
Freitag, 12.08.2005

Russisch-polnischer Schlagabtausch greift um sich

St. Petersburg. Nach zwei polnischen Diplomaten wurde gestern ein Korrespondent aus Polen in Moskau zusammengeschlagen. Vor 14 Tagen waren drei russische Diplomatenkinder in Warschau verprügelt worden.

Während die Polizei ermittelt, steigen die diplomatischen Spannungen.

Pawel Reczka, Moskau-Korrespondent der polnischen Zeitung „Rzeczpospolità“ verließ gestern Abend gegen 20 Uhr sein Büro, um Zigaretten zu kaufen. In einer Unterführung unter dem Kutusowski-Prospekt fielen unvermittelt vier oder fünf Schläger über ihn her. Ohne ein Wort zu sagen, schlugen sie Reczka mit Fausthieben und Fußtritten zusammen. Zu Hilfe kam ihm niemand.

Der daraufhin in eine Diplomatenklinik eingelieferte Korrespondent kam noch relativ glimpflich davon: Nach Angaben von Ärzten erlitt er keine schweren Verletzungen, sondern nur zahlreiche Blutergüsse, vor allem im Gesicht. „Ich sehe aus wie ein Boxer nach dem Kampf“, sagte Reczka heute in einem Radiointerview. Er sei froh, dass er ohne innere Verletzungen und Gehirnerschütterung davon gekommen sei.

Täter bislang unbekannt, aber Vorwürfe gegen die Opfer

Im gleichen Krankenhaus befanden sich zu diesem Zeitpunkt noch zwei Mitarbeiter der polnischen Botschaft. Sie waren unweit der polnischen Botschaft am Sonntag und am Mittwoch Opfer ähnlicher Prügelüberfalle geworden. Die Täter konnten bislang nicht ermittelt werden, doch verfügt die Moskauer Polizei inzwischen über Personenbeschreibungen.

Nach Aussage der polnischen Botschaft waren das Äußere der Täter und der Ablauf in allen drei Fällen ähnlich. Die Moskauer Staatsanwaltschaft zögert jedoch noch, das Ermittlungsverfahren im Falle der Botschaftsmitarbeiter mit demjenigen in Sachen Reczka zusammenzulegen. Dafür gebe es noch nicht genügend Anhaltspunkte.

Ein Polizeisprecher beklagte zudem, dass zwischen den Überfällen und der Benachrichtigung der Polizei in allen Fällen zuviel Zeit verstrichen sei. Auch hätten die polnischen Diplomaten die Ermittlungen verzögert, weil sie mehrere Tage nicht für Vernehmungen zur Verfügung gestanden hätten. Reczka wies diesen Vorwurf zurück: Er habe trotz seines angeschlagenen Zustands noch am gleichen Abend „zwei oder drei Stunden“ mit den Beamten gesprochen.

Kwasniewski beschwert sich bei Putin

Der polnische Präsident Alexander Kwasniewski reagierte umgehend. In einem Schreiben an Wladimir Putin forderte er die russiche Führung auf, alles zur Auffindung und Bestrafung der Organisatoren und der unmitelbaren Täter zu unternehmen. Die Überfälle „schaffen ein Klima der Anspannung in den polnisch-russischen Beziehungen und führen zu einer unerwünschten Eskalation der Feindseligkeit“. Kwasniewski forderte Russland auf, alles für die Sicherheit polnischer Bürger zu tun, die sich in Russland aufhalten.

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In allen drei Fällen beschwerte sich die polnische Botschaft beim russischen Außenministerium, das wiederum entsprechend der diplomatischen Gepflogenheiten sein Bedauern für die Vorfälle ausdrückte und Sicherheit und Aufklärung versprach. Die Bewachung der polnischen Botschaft wurde inzwischen deutlich verschärft.

Vorgeschichte: Überfall auf russische Diplomatenkinder in Warschau

Auch wenn es dafür keinerlei Beweise gibt, scheint es offensichtlich, dass die Serie an Überfällen auf Polen in Moskau mit einem ähnlichen Vorfall in Warschau zusammenhängt: Am 31. Juli waren dort drei Jugendliche, alle Kinder russischer Diplomaten, in einem Park brutal zusammengeschlagen und beraubt worden.

Die Schlägertruppe rief dabei antirussische Losungen, woraus zu schließen war, dass es sich um einen nationalistisch motivierten Überfall handelte. Wladimir Putin hatte auf diesen Vorfall relativ heftig reagiert und Polen aufgefordert, dieses „Verbrechen“ aufzuklären.

Offenbar fühlte sich dadurch eine nicht näher bekannte Moskauer Schlägertruppe ermächtigt, in der russischen Hauptstadt „Rache“ an Vertretern Polens zu üben. Früher habe es jedenfalls, so Reczka, keine vergleichbaren Übergriffe auf Polen gegeben.

Als Reaktion auf den jüngsten Vorfall wurde heute der russische Geschäftsträger in Warschau ins dortige Außenministerium einbestellt. „Es ist nicht normal, wenn man in Warschau unsere Leute schlägt und in Moskau die Polen“, kommentierte Wladimir Sedych die Ereignisse.
(ld/rufo)


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