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Rubel satt ohne weitere Fragen, versprechen die neuen russischen Kredithaie (Foto: Deeg/rufo)
Rubel satt ohne weitere Fragen, versprechen die neuen russischen Kredithaie (Foto: Deeg/rufo)
Mittwoch, 08.11.2006

Anrüchige Geschäfte mit den 15-Minuten-Krediten

Karsten Packeiser, Moskau. In der „Mega-Mall“ einem glitzernden, überfüllten Riesen-Einkaufszentrum am nordwestlichen Stadtrand von Moskau, scheint es, ganz Russland sei einem kollektiven Kaufrausch verfallen.

Plakate in der Ladenzeile versprechen den Besuchern, sie könnten „jetzt kaufen“, müssten aber erst „später zahlen“. An einen Kredit kommen Kunden, die gerade nicht bei Kasse sind, ganz mühelos. In vielen Moskauer Elektroläden und Möbelhäusern gibt es Bankschalter für Express-Kredite. Um eine Summe von umgerechnet bis zu knapp 3.000 Euro zu erhalten, reicht es oft aus, seinen Ausweis vorzuzeigen und einen Antrag auszufüllen. Verdienst-Bescheinigungen oder gar eine Auskunft über andere laufende Kredite verlangt niemand.

Einkäufe für 25 Milliarden Euro auf Pump


Die Branche boomt, weil ein Großteil der Bevölkerung endlich anderthalb Krisenjahrzehnte voller Entbehrungen hinter sich lassen will. In den vergangenen Jahren haben die Russen Videorecorder, Einbauküchen, Couch-Garnituren und Autos im Wert von schätzungsweise 25 Milliarden Euro auf Kredit gekauft. Schulden in Höhe von zwei Milliarden Euro, spekuliert die russische Wirtschaftspresse, sind bereits überfällig.

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• Ladenschluss: Kaufen und Saufen rund um die Uhr (04.10.2004)
• Putin zahlt Schröder 16 Mrd Euro Schulden zurück (06.04.2005)
• Putin will alle Schulden auf einen Schlag bezahlen (11.02.2005)
• Markenpiraten: Kontrolle wird nur simuliert (14.09.2005)
• Krise auf dem Petersburger Bau-Markt (13.07.2005)
“Wenn Dir jemand einen Kredit innerhalb von 15 Minuten verspricht, dann ist garantiert etwas faul bei der Geschichte“, meint der Moskauer Maxim, der sich seit Jahren von einem Kredit zum anderen hangelt und dabei Erfahrungen mit vielen Finanzhäusern sammeln konnte. Was viele Banken verbergen, wenn sie ihren Kunden Geld zu niedrigen Zinssätzen anpreisen: Oft sind Gebühren für die Kontoführung, die Zusendung der Zahlungsbescheide oder die Einzahlung der Raten höher als die eigentlichen Kreditzinsen. Eine „himmelschreiende Diskrepanz“ zwischen den angepriesenen Konditionen und den tatsächlich fälligen Zahlungen beklagt auch die russische Antimonopolbehörde.

“Es gibt inzwischen sehr viele Familien, die sich eine Küche auf Kredit für 3.000 Euro gekauft haben, nach einem Jahr entsetzt feststellen, dass sie 5.000 Euro zurückzahlen müssen und nicht mehr wissen, wie sie das Geld zusammenbekommen sollen“, erzählt Dmitri Janin, Vorsitzender des russischen Verbraucherschutzverbandes Konfop. Auch internationale Finanzinstitute wie die Citibank würden ihre wahren Zinssätze mit fragwürdigen Methoden verbergen, ärgert sich Janin: „Viele denken, wenn hier Gesetze wie in einer Bananenrepublik herrschen, dann arbeiten wir eben wie in einer Bananenrepublik.“

Vorerst keine große Schuldenkrise


Dass es noch keine „allumfassende Schuldenkrise“ in Russland gebe, liege einzig daran, dass bislang die meisten Kredite über relativ überschaubare Summen ausgestellt werden. Auf Grund der horrenden Immobilienpreise gebe es beispielsweise derzeit nur wenige Familien, die eine eigene Wohnung mit einem Hypothekenkredit finanzieren könnten, so der Verbraucherschützer.

Außer Warnungen haben russische Verbraucherverbände kaum Möglichkeiten, Kunden vor übereilten Käufen auf Pump zu warnen. Denn das Parlament blockiert alle Initiativen zum Schutz der Bevölkerung vor Kredithaien. In der „Mega-Mall“ wird also weiterhin Hochbetrieb herrschen. Und mitten in dem Menschenstrom wird sich immer wieder ein aufdringlicher Vertreter Passanten in den Weg stellen. Voller Überzeugung wird er sagen: „Sie brauchen bestimmt eine Kreditkarte unserer Bank.“

(epd)



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