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Vor 15 Jahren erschienen 15 neue Staaten auf der Karte: Die GUS-Länder (Bild: RIA Novosti)
Vor 15 Jahren erschienen 15 neue Staaten auf der Karte: Die GUS-Länder (Bild: RIA Novosti)
Freitag, 08.12.2006

Vor 15 Jahren: UdSSR kaputt, GUS gegründet - wozu?

St. Petersburg. Am 8. Dezember 1991 wurde von Russland, Weißrussland und der Ukraine die Auflösung der Sowjetunion beschlossen. Gleichzeitig schuf man mit der „Beloweshsker Übereinkunft“ die „Gemeinschaft unabhängiger Staaten“.

Boris Jelzin, Leonid Krawtschuk und Stanislaw Schuschkewitsch schrieben damals zweifelsohne Geschichte – zumindest was die formelle Auflösung der schon nach dem August-Putsch 1991 faktisch zerfallenen einstigen Supermacht UdSSR anging. Als Oberbegriff für die Nachfolgestaaten der Sowjetunion minus Baltikum hat sich „GUS-Staaten“ vielleicht noch international eingeprägt – aber was stellt die damals aus der Taufe gehobene GUS heute eigentlich noch dar?

Eigentlich hat es sie nie richtig gegeben, diese GUS. Zumindest nicht als Akteur auf der weltpolitischen Bühne. Denn sie war nie aus einem Guss, sondern ein Abfallprodukt, eine historische Notgeburt. Sie sollte den Zusammenbruch der Sowjetunion wenigstens ein bisschen abfedern. Das ist auch gelungen, politisch und psychologisch – und auch wirtschaftlich. Denn ein ganz erheblicher Teil der Wirtschaft der GUS-Staaten spielt sich bis heute untereinander ab.

GUS-Gipfel meist ohne konkrete Ergebnisse


Ansonsten treffen sich die GUS-Staatsoberhäupter alljährlich einmal. Auch gibt es Treffen der Regierungschefs und der Parlamente – die sogar in St. Petersburg bis zum heutigenTag im Taurischen Palast eine Art Europa-Parlament der GUS-Staaten unterhalten. Von allen werden dabei Resolutionen verfasst, die dann meist gleich ungelesen in den Papierkorb wandern.

Denn die GUS ist heute vor allem ein Symbol - ein Symbol für eine gemeinsame, große Vergangenheit und eine mühsame Gegenwart. Für eine gemeinsame Zukunft gibt es hingegen sehr unterschiedliche Konzepte.

Noch ist niemand ausgetreten


Russland ist zwar die unangefochtene Führungsmacht in der GUS-Riege, hat aber auch schon so manchen Konflikt mit einzelnen Mitglieder ausgefochten. Gegenwärtig knatscht es gewaltig mit Georgien, letztes Jahr war die Ukraine im russischen Fadenkreuz. Dennoch sind sowohl die Ukraine als auch Georgien weiterhin Mitglieder der GUS - und trotz aller Streitereien mit dem großen Bruder haben sie beide bisher den endgültigen Bruch mit der GUS und mit Russland nicht vollzogen.

Dies wäre auch kaum möglich, denn es gibt zu viele historisch gewachsene Bindungen, abertausende von Familienbanden und milliardenschwere Wirtschaftsverflechtungen. Hunderttausende Georgier und Millionen Ukrainer leben und verdienen in Russland. In der Ukraine will die Mehrheit der Bevölkerung zwar eine Öffnung nach Europa (bzw. eine Öffnung Europas für die Ukraine), aber nur eine Minderheit der politischen Elite ist für einen Beitritt zur Nato. In Georgien ist es ähnlich. Dies sind die politischen Realitäten und daran werden können wohl in nächster Zukunft weder der Voluntarist Michail Saakaschwili noch der Orangenrevolutionär Viktor Juschtschenko etwas ändern.

Die Nomenklatura sah ihre historische Chance zur Bereicherung


Da die GUS als Ergebnis des Dreiertreffens in einem weißrussischen Erholungsheim vor 15 Jahren nicht unbedingt überzeugt, muss die Frage gestattet sein, ob der damalige Schritt eigentlich eine alternativlose historische Notwendigkeit war.

Tatsache ist, dass die Menschen in der Sowjetunion – vom Baltikum einmal abgesehen - eigentlich ihren gemeinsamen Lebensraum erhalten wollten. Bei der großen Volksabstimmung im März 1991 war eine überwältigende Mehrheit dafür. Aber die Meinung der Bevölkerung war für die Sowjetnomenklatura noch nie auschlaggebend gewesen. Wichtiger waren den politischen Eliten in den nationalen Republiken ihre eigenen Pründe. So hat der Zerfall der Sowjetunion und die Umverteilung des Staatsvermögens denn auch vor allem diesen Kreisen genützt. Sie haben gewonnen - alle anderen haben erst einmal verloren.

Die GUS: Eine “Kommunalka” auf Staaten-Ebene


Doch inzwischen sind 15 Jahre vergangen – und zurück in die Sowjetunion will heute eigentlich auch niemand mehr in den 15 GUS-Staaten. Ob aus dem aus der Not geborenen Zweckbündnis namens GUS allerdings jemals noch eine in der Praxis nützliche „Eurasische Union“ von gleichgesinnten Staaten nach dem Muster der EU werden kann, ist mehr als fraglich.

Denn die GUS heute, das sind Spannungszonen wie Armenien/Aserbaidschan oder Russland/Georgien, wo es permanent nach Schießpulver riecht. Dazu gehören Armenhäuser wie Moldawien oder Tadschikistan, die ums nackte Überleben kämpfen – und andererseits die an Öl und Gas überreichen Länder Russland und Turkmenistan, die sich Raumfahrtprogramme oder vergoldete Führerstatuen leisten können. Und schließlich Staaten mit turbulenten, latent wackeligen Demokratien wie die Ukraine oder Kirgisien, denen in Weißrussland und Zentralasien fest zementierte Diktaturen gegenüberstehen.

Man hat sich schon sehr auseinander gelebt und lebt doch weiter gemeinsam: Das ganze erinnert an eine Kommunalwohnung, wo sich viele Familien gezwungenermaßen Küche, Bad und Korridor teilen – auch dies eine Erblast der Sowjetgeschichte.
(Gisbert Mrozek+ld/rufo)

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