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In insgesamt 77 Regionen Russlands durften Wahlzettel eingesteckt werden (Foto: Archiv/.rufo)
In insgesamt 77 Regionen Russlands durften Wahlzettel eingesteckt werden (Foto: Archiv/.rufo)
Montag, 11.10.2010

Wahlen in Russland: Zwischen Abnicken und Abschießen

Moskau. Nichts Neues im Osten: Die Kremlpartei „Einiges Russland“ gewinnt erneut alle Regionalwahlen mit großem Abstand. „Alles richtig gemacht“, urteilt Dumachef Boris Gryslow. Nur in Dagestan gibt es Aufregung und Tote.

Echtes Wahlfieber will nicht mehr aufkommen, wenn in Russland abgestimmt wird. Zu klar und deutlich fallen die Wahlsiege von Wladimir Putins Hauspartei „Einiges Russland“ (ER) aus.

ER gewinnt erwartungsgemäß und deutlich


Auch diesmal wurde sie ihrer Favoritenrolle mehr als gerecht. Bei der Wahl zu sechs Regionalparlamenten stellt sie den bisherigen Hochrechnungen zufolge nicht nur erwartungsgemäß die jeweils stärkste Fraktion, sondern hat ihr eigenes Resultat von vor vier Jahren nochmals gesteigert.

Am „schwächsten“ hat ER im Gebiet Nowosibirsk abgeschnitten. Nachdem gut die Hälfte der Wahlzettel ausgezählt ist, kommt die Partei auf 45 Prozent. In Kostroma und Magadan sind es je 50 Prozent und im Ural-Gebiet Tscheljabinsk 56 Prozent. Mehr als zwei Drittel der Stimmen holte Einiges Russland in Belgorod (70 Prozent) und Tuwa (79 Prozent).

Duma-Opposition darf auch in Regionalparlamente


Um die Plätze streiten sich die anderen Duma-Parteien KPRF, LDPR und Gerechtes Russland, die in den meisten Regionen etwas über zehn Prozent erzielten. In Tuwa fand sich allerdings für LDPR und KPRF kein Platz mehr im Parlament.

Gewählt wurde darüber hinaus auch noch in vielen Städten und Gemeinden. In den meisten Großstädten stellt ER den Bürgermeister bzw. die Mehrheit im Stadtparlament. Eine Ausnahme bildet wohl lediglich die dank ihrer Atomanlagen bekannte Großstadt Angarsk etwa 100 Kilometer westlich vom Baikalsee, wo die Kommunisten als Wahlsieger hervorgingen.

Eine Überraschung könnte es auch in der chemieverseuchten Stadt Dserschinsk geben, wo der ER-Kandidat derzeit nur auf Rang drei liegt und demnach die Stichwahl für das Bürgermeisteramt verpassen könnte.

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Unverwüstlicher Bürgermeister weiter im Amt


Dafür sind die Ergebnisse im Kaukasus umso deutlicher: In der dagestanischen Hauptstadt Machatschkala setzte sich einmal mehr Said Amirow durch. Der ER-Kandidat ist seit 1999 im Amt und hat seitdem nicht nur sämtliche Wahlen, sondern auch 15 Mordanschläge überlebt. Als Belohnung gibt es 90 Prozent der Stimmen.

Übertroffen wird er noch von Imam Jaralijew in Derbent, der über 96 Prozent der Stimmen holt. Die letzten Wahlen hatte er noch verloren, doch die Wahlen wurden annulliert, weil nur 23 der 36 Wahllokale geöffnet waren. Jaralijew focht das Ergebnis an und konnte bei diesen Wahlen schon mit dem Vorteil antreten, amtierender Bürgermeister zu sein.

Schießerei bei Wahlen mit tödlichem Ausgang


Tödlich endeten die Wahlen für den Dorfältesten in Chadschalmachi (ebenfalls in Dagestan). Unstimmigkeiten bei der Wahl führten zu einer Massenschlägerei, die in eine Schießerei ausartete. Ein Toter und zwei Verletzte waren das Ergebnis der „Kampfabstimmung“.

Überhaupt seien die Wahlen die mit Abstand skandalösesten seit Jahren gewesen, befindet die Tageszeitung Kommersant. Viele Wähler seien zur Stimmabgabe genötigt worden, andere wurden einfach geködert. So durften Rentner im sibirischen Kolzowo im Wahllokal kostenlos eine Ultraschall-Untersuchung und ein EKG machen.

Kleine Geschenke für Wählertreue


In Rostow-am-Don gab es kostenlose Telefonkarten. Andernorts verteilten Kandidaten einfach Wodka oder 100 Rubel für das Kreuz an der richtigen Stelle.

Im tatarischen Mendelejewska ertappte der örtliche Kommunistenchef gar den Stellvertreter der Wahlkommission auf frischer Tat beim Einwerfen von 50 gefälschten Wahlzetteln. Insgesamt nahm die Zentrale Wahlkommission in Moskau rund 1.700 Beschwerden entgegen. Auf das Gesamtergebnis werden die Klagen aber keinen Einfluss haben, teilte die Kommission mit.

Alles richtig gemacht


Auch die Kremlführung ist zufrieden: „Wir haben alles richtig gemacht“, erklärte Duma-Chef Boris Gryslow nach dem Bekanntwerden der ersten Resultate. Das Votum sei ein Vertrauensbeweis der Bevölkerung für die Obrigkeit, urteilte er.

Die so genannten Oppositionsparteien in der Duma sind mit ihrem Ergebnis ebenfalls weitgehend zufrieden. Einzig die ER-Schwester „Gerechtes Russland“ wollte das Ergebnis erst kommentieren, wenn die Endresultate vorliegen.



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