Von Karsten Packeiser, Moskau. Auch zu wichtigen Anlässen tritt der russische Patriarch Alexij II. immer seltener in der Öffentlichkeit auf. Längst sind Spekulationen über den Gesundheitszustand des Kirchenoberhauptes ein Dauerthema in der Moskauer Presse. Hinter den Mauern des Moskauer Danilow-Klosters, wo sich Alexijs Stadtresidenz befindet, ist unterdessen offenbar ein heftiger Thronfolgestreit zwischen führenden orthodoxen Würdenträgern entbrannt.
Einer der bisherigen Favoriten hat seine Chancen auf die Nachfolge des 74-jährigen Alexij weitgehend eingebüßt. Mefodij, der 54 Jahre alte Metropolit von Woronesch und Lipezk, verlor auf einer Sitzung der Heiligen Synode alle seine bisherigen Ämter und wurde in eine neu gegründete Kirchenprovinz nach Kasachstan versetzt. Das oberste Entscheidungsgremium der orthodoxen Kirche spaltete außerdem Mefodijs altes einflussreiches Bistum in zwei Teile auf.
Von einer spröden Pressemitteilung abgesehen wollte das Moskauer Patriarchat die Entscheidungen der Synode nicht weiter kommentieren. Die Funktionen der neuen Kirchenprovinz Kasachstan, der drei Bistümer untergeordnet wurden, waren jedoch zunächst völlig unklar. Die Kirche bemüht sich gleichzeitig darum, den Eindruck zu verhindern, die neue Struktur eigens für die Abschiebung des unbequemen Metropoliten aufzubauen. Patriarch Alexij plane, auch alle an Moskau orientierten orthodoxen Gemeinden Westeuropas unter dem Dach einer einzigen Kirchenprovinz zu vereinigen, sagte ein Kirchen-Sprecher dem epd.
Als Initiator der Verbannung Mefodijs gilt allgemein dessen langjähriger Widersacher Kirill. Der Metropolit von Smolensk und Kaliningrad leitet seit 1989 das kirchliche Außenamt und ist damit einer der mächtigsten Männer der orthodoxen Hierarchie. Seine Kritiker werfen dem 56-Jährigen vor, skrupellos vom Staat gewährte Steuer- und Zollvergünstigungen ausgenutzt und die Kirchenkassen durch einen groß angelegten Handel mit Alkohol und Zigaretten aufgefüllt zu haben. Mefodij seinerseits war von seinen Widersachern beschuldigt worden, als informeller KGB-Mitarbeiter die Kirchenoberen bespitzelt zu haben.
Neben Außenamtschef Kirill gilt der bisherige Geschäftsführer des Moskauer Patriarchats, Sergij, als weiterer aussichtsreicher Kandidat für die Nachfolge Alexijs. In Wirklichkeit habe Sergij und nicht Kirill die Entmachtung Mefodijs organisiert, berichtete die Nesawissimaja Gaseta unter Berufung auf gut informierte Kirchenkreise. Auch das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche in Weißrussland, Filaret, soll seinen Anspruch auf den Patriarchentitel angemeldet haben.
Einen vorzeitigen Rücktritt hat der auf Lebenszeit gewählte Alexij II. bislang kategorisch ausgeschlossen. Der in Estland unter dem bürgerlichen Namen Alexej Ridiger geborene Patriarch führt die zu Sowjetzeiten unterdrückte orthodoxe Kirche seit 1990. Während seiner Zeit als Patriarch wurde die Kirche wieder zu einer der am meisten geachteten gesellschaftlichen Institutionen Russlands.
Sie entwickelt sich, die Zivilgesellschaft in Russland! Sogar im Kreml und im Fernsehen. Hier antiautoritäre Hinterbänkler aus der Regierungspartei Einiges Russland während der Putin-Rede. (Foto: ORT)
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