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Ein absolut richtiger Schritt,
auch wenn es sich um mehr oder weniger autokratisch geführte Länder handelt, ist diese Zollunion ein absolut richtiger Schritt. Es geht letztlich darum, den Menschen ein besseres Leben zu ermöglichen. Hegemoniale Ängste habe ich jedenfalls nicht. Russland braucht einen freien Handel und starke Wirtschaftsimpulse, welche für die anderen beiden Länder ebenso wichtig sind. Ich bin auch sehr für eine zunehmende politische Union dieser Länder, damit die russische Paranoia endlich aufhört. Manchmal hat man bei Äußerungen aus dem Kreml den Eindruck, als sei das Land immer noch vom Westen bedroht, was ich für einen absoluten Unsinn halte.
Umgekehrt ist es natürlich auch so, dass im Westen schnell Hegemonieängste gegenüber Russland auftauchen, was sich beispielsweise in der Angst vor der einseitigen Energieabhängigkeit zeigt.
In einer derartig vernetzten Weltwirtschaft stellt sich die Sache aber etwas anders da. Jeder hat einen oder mehrere Joker, die er auch gegen andere ausspielen kann. Wegen der gegenseitigen Abhängigkeit muss er dann aber auch befürchten, mit der Destabilisierung der Weltwirtschaft sein eigenes Land zu destabilisieren.
Solange es in einzelnen Ländern nicht zu einer ideologischen Radikalisierung kommt, wird also der kooperative Umgang dominieren. Je größer und pluralistischer die globalen Akteure sind, desto besser.
Das gilt auch für die Zollunion, die deshalb aus westlicher Sicht begrüßt werden sollte. Die Beschwörung von Feindbildern, die in der Äußerung Nasarbajews erkennbar wird, dient ohnehin nur noch der innenpolitischen Stabilisierung.
Eine große Chance auch hoffentlich für Belarus, das wie die Ukraine am Rande des Abgrunds steht. Die notgedrungene Orientierung am Kreml ist dabei noch gar nicht mal von Übel, weil dieses Land, noch schlimmer als Kasachstan in einer tiefen Diktatur versunken ist, welche zuletzt auch die wirtschaftlichen Ressourcen ruiniert hat. Die Staatswirtschaft Lukaschenkas hat, ähnlich wie in der DDR, zu einem gewaltigen Handelsbilanzdefizit geführt. Das Land ist faktisch pleite.
Für die Übergangsgesellschaften ist der Wohlstand nicht alles, aber es ist die Voraussetzung wieder Vertrauen zu offenen politischen Systemen zu bekommen. In der Ukraine bricht derzeit umgekehrt aus Gründen des wirtschaftlichen Niederganges auch die Demokratie ein, das System spitzt sich auf einen Autokraten zu.
Somit ist alles, was wirtschaftlichen Fortschritt bringt, dringend zu wünschen. Die Instabilität der EU und der westlichen Finanzmärkte stellt hier tatsächlich ein Hemmnis auch für die postsowjetischen Gesellschaften dar. Seitenhiebe auf die EU und die USA sind also erlaubt. Das Beispiel der Ukraine zeigt, was vordergründig die Verluste von Oligarchen in der Bankenkrise waren, wurde im Kern zu einem Entwicklungsstop für Gesellschaft.
Die Oligarchen setzen jetzt, mehr als zuvor, auf die Erhaltung ihrer korrupten Alleinherrschaft und blockieren damit die notwendigen rechtsstaatlichen Reformprozesse, die für ein breites marktwirtschaftliches Aufsetzen erforderlich wären. Die Verlustaversion von ein paar Oligarchen führt zum wirtschaftlichen Schrumpfungsprozess.
Der Kapitalismus ist in der Krise, bewegte sich schon immer in Krisen. Die sich entwickelnden Marktwirtschaften bekommen das am härtesten zu spüren. Gut wenn dann kooperative Zusammenschlüsse erfolgen. Für alle ist es am besten, wenn sich starke politische Interessens- und Einflussräume bilden, die den Konzernen politische, also menschliche Interessen zeigen und diese auch durchsetzen. Auch im Westen werden wir in Richtung eines gelenkten Kapitalismus gehen müssen. Der Machtkampf zwischen den Finanzmärkten und den politischen Institutionen der EU zeigt dies gerade sehr deutlich.
Vielleicht noch ein Wort zu den südlichen und westlichen Grenzen der Zollunion. Man sollte die vielfältigen Schnittstellen zu den anderen politisch-wirtschaftlichen Regionen mehr beachten. Sie sind genauso wichtig, wie die politischen Blöcke. Ich denke hier an die wirtschaftlich stark prosperierende Türkei. Auch ohne EU-Beitritt hat dieses Land gewaltige wirtschaftliche Fortschritte gemacht. Es ist ein europäisches-islamisches Brückenland. Der Pragmatismus der Türken könnte sich positiv auf die gesamte Schwarzmeerregion auswirken. Der Gedanke, sich wirtschaftlich abzuriegeln oder den türkischen Einfluss zurückzudrängen ist nach meiner Meinung falsch. Ich sehe rund um das schwarze Meer nur einen einzigen Wirtschaftsmotor, die Türkei. Dieses Land hat die Kraft, eine zukünftige Schwarzmeer-Region anzuführen. In den nächsten zwanzig Jahren wird die Schwarzmeer-Region zu der auch die Ukraine gehört, eine Schnittstelle russischsprachiger, europäischer und arabischer Interessen. Die Schnittstellen beleben und entwickeln die Blöcke und sollten deshalb nicht abgeriegelt, sondern so durchlässig und liberal wie möglich gestaltet werden. Die Ukraine wäre auch aus diesem Grunde in der aktuellen Zollunion nicht gut aufgehoben. Sie sollte ihren eigenen Weg gehen, zwischen Europa, Russland und der
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