Moskau. Weder Russland noch der Westen seien an einem neuen Kalten Krieg interessiert, erklärte der russische Außenminister Sergej Lawrow in einem von der „Iswestija“ veröffentlichten Artikel. Ebenso äußerte sich laut „Kommersant“ auch seine US-Kollegin Condoleeza Rice. Am 24. Februar werden sich die Präsidenten George Bush und Wladimir Putin zu Gipfelgesprächen treffen.
Laut Lawrow ist Russland bemüht, den aktuellen globalen Herausforderungen (wie die Lage im Irak, Entwicklung des Terrorismus oder die Flutkatastrophe in Südostasien) gerecht zu werden. Es sei nicht der Wunsch Russlands, sich als Weltmacht zu behaupten oder den eigenen Einflussbereich auszuweiten. Die innenpolitischen Anstrengungen der russischen Führung zum Aufbau eines starken, einheitlichen, demokratischen und freien Russlands gingen mit einer verantwortungsbewussten und berechenbaren Außenpolitik einher, so der Außenminister.
Konstruktive Beziehungen
Parallel dazu druckte die Tageszeitung „Kommersant“ Äußerungen der US-Außenministerin Rice, die sie am Tag zuvor vor Journalisten in Luxemburg gemacht hatte. Beim bevorstehenden Gipfel in Bratislava können die beiden Präsidenten bestätigen, dass „unsere Länder jetzt vielleicht die produktivsten und konstruktivsten Beziehungen haben, die es jemals gab“, sagte sie. Man arbeite sogar im Militär- und Sicherheitsbereich zusammen, was vor einigen Jahren noch undenkbar schien. Washington unterstütze auch das Streben Moskaus nach einer WTO-Mitgliedschaft.
Gleichwohl verfolgen die USA die innenpolitische Entwicklung in Russland „natürlich mit Besorgnis“. Die Grundlage für eine Vertiefung der bilateralen Beziehungen könne nur ein sich demokratisch entwickelndes Russland sein, so die US-Ministerin. Es gebe Besorgnisse bezüglich der Rolle der Presse in Russland, einer unabhängigen Justiz und des Vorranges der Gesetze. Dies seien aber keine Sachen, die zur Isolierung Russlands führen müssen, so Rice: Darüber lasse sich sprechen.
Es wäre auch falsch, Russland die G8-Mitgliedschaft zu verweigern, heißt es in dem Interview weiter. Rice erwarte „sehr gute Gespräche“ in Bratislava. Unter anderem werde dort über die atomare Sicherheit gesprochen. Man habe bei der Lösung von Sicherheitsproblemen, die der Kalte Krieg hinterlassen hatte, bereits „umfangreich“ zusammengearbeitet.
Stärkung der Zivilgesellschaft
Die amerikanische Aussenministerin verdeutlichte zudem, dass Washington die Zivilgesellschaft in Russland über Nichtregierungsorganisationen unterstützen will. Dies sei der Weg, auf dem eine demokratische Zukunft für Russland gesichert werden könne. Eine Vertiefung der Beziehungen Russlands mit den USA und der Europäischen Union sei nur auf der Basis gemeinsamer Werte möglich, so Rice.
Eben diesen Weg lehnt Moskau vor allem in letzter Zeit als Einmischung in die inneren Angelegenheiten ab. Lawrow machte „Missgönner, die seit Monaten über amerikanische und europäische Massenmedien versuchen, ein neues Feindbild Russland zu formen“ für die unverkennbare Abkühlung verantwortlich. Die jüngsten Entscheidungen des russischen Präsidenten zur Stärkung der Einheit und Sicherheit seines Landes können nicht als Begründung dafür dienen, erklärte der Minister. Diese würden mitunter auch in russischen Medien kritisiert - was übrigens als Beweis für die Pressefreiheit dienen könne.
Das gegenseitige Abtasten vor dem kommenden Gipfel hatte bereits bei der internationalen Antrittstournee der neuen US-Außenministerin begonnen. Bei ihrem ersten Treffen machte Rice deutlich, dass Präsident Bush für Russland unangenehme Fragen wie die Yukos-Affäre oder Tschetschenien nicht länger ausklammern werde. Lawrow deutete seinerseits Zugeständnisse an. So schloß er die Teilnahme der USA an der Beilegung von Konflikten auf dem Gebiet der früheren UdSSR nicht aus.
(adu/.rufo)
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