St. Petersburg. Die Ermittlungen nach dem Geiseldrama von Beslan betreffen auch Fehler der Sicherheitsbehörden vor Ort, die den Terroristenangriff auf die Schule nicht verhindern konnten. So ignorierte der FSB von Nordossetien ein halbes Jahr lang Hinweise auf Ausbildungscamps der Geiselnehmer im benachbarten Inguschetien.
Von den 14 bislang unter Vorbehalt identifizierten Terroristen standen zwei auf einer Namensliste von insgesamt 20 Kämpfern, die angeblich in drei inguschetischen Terroristencamps für Terrorakte ausgebildet werden. Diese Liste erhielt die nordossetische FSB-Filiale im März dieses Jahres von den Ermittlern in Sachen anderer in der Republik begangener Terrorakte. Doch folgte darauf, so berichtet heute die Zeitung „Kommersant“, keine Reaktion der für die Terroristenbekämpfung zuständigen Geheimdienst-Behörde.
Die Zeitung sieht diese Panne als Grund für die Entlassung des FSB-Chefs der Republik, Valeri Andrejew. Auch der nordossetische Innenminister und der Kreis-Polizeichef mussten gehen, da ihnen die mangelhafte Überwachung der Grenze der Republik zum benachbarten Inguschetien sowie der nicht vorhandene Schutz der Schule in Beslan zum Vorwurf gemacht wurden.
Was die Ermittlungen gegen die 32 Täter - von denen nur einer überlebte - angeht, so tun sich die Behörden schwer, die getöteten Gangster zweifelsfrei zu identifizieren. Nach Aussagen der Staatsanwaltschaft weigern sich einige Verwandten der mutmaßlichen Täter zur Identifikation der Leichen nach Ossetien zu kommen. Mit dem amtlichen Vermerk „vorläufig“ sind erst 14 der 30 Toten Namen zugeordnet worden.
Drei mutmaßliche Araber unter den toten Gangstern
„Zehn Araber“, wie anfangs behauptet, waren aber offenbar nicht unter den Geiselnehmern. Nur bei dreien haben die Ermittler laut „Kommersant“ Anhaltspunkte, dass es sich um Ausländer handeln könnte: Ein Toter zeichnet sich durch lockiges Haar, ein „arabisches Gesicht“ und eine Art der Beschneidung aus, die sich von der bei einheimischen Moslems unterscheidet.
An den Leibern von zwei weiteren Geiselnehmern, die nach Zeugenaussagen immer zusammen gesehen wurden, fanden sich arabisch bestickte schwarze Hemden sowie untypisch lange Haare. Einer von ihnen hatte einen Arabisch-Russisch-Sprachführer in der Tasche. Ungewöhnlich auch dies: Die beiden hätten selbst während des Feuergefechts mit den Spezialeinheiten Musik gehört. Nach Angaben eines Beamten des nordossetischen Innenminsiteriums handelte es sich um eine Kassette von „Rammstein“.
Terroristen planten Sprengung für die nächste Nacht
Wie die Zeitung unter Berufung auf einen der 60 Ermittler im Fall Beslan weiter berichtet, hatte der Gruppenanführer mit Spitznamen Polkownik („Oberst“) vor, die zusammengepferchten Geiseln in der Nacht von Freitag auf Samstag durch eine Zündung der Sprengsätze umzubringen. Eine Gruppe der Geiselnehmer wollte das dann entstehende Chaos nutzen, um zu fliehen. Die andere, eher „Fußvolk“, sollte sie dabei decken.
Um die Verheerung zu verstärken, wollten die Terroristen zu den schon installierten 16 Sprengsätzen zehn weitere Bomben scharf machen. Bei diesen Arbeiten kam es dann am Freitag Mittag zu einer ungeplanten Explosion, die die Flucht der Geiseln, weitere Detonationen und schließlich die chaotisch verlaufende Befreiungsaktion nach sich zog.
(ld/.rufo)
|