St. Petersburg. Der neue Premierminister Michail Fradkow ist in der neu gebildeten Regierung nicht der Chef, sondern eigentlich nur der drittmächtigste Mann. Diese Behauptung stellt heute die Zeitung „Kommersant“ auf: Mehr Gewicht als der Regierungs-Chef hätten dessen Stellvertreter Alexander Schukow sowie Dmitri Kosak, der in Ministerrang den Regierungsapparat leitet.
Bei der gestrigen Vorstellung der neuen Regierungsmannschaft durch Fradkow fiel Wladimir Putin seinem Premier nur einmal ins Wort: Als die Reihe an Kosak kam, warf der Präsident ein, dass dieser es gewesen sei, der die neue Konzeption der auf 17 Köpfe geschrumpften Regierung ausgearbeitet hat.
Kosak ist ein besonders enger Vertrauter von Putin: Als bisheriger stellvertretender Leiter der Präsidenten-Administration übernahm er auch das Kommando über Putins Wahlkampfstab. Dass Kosak jetzt aus der „mächtigen“ Kreml-Administration, wo schon lange die Schlüsselentscheidungen für das Land getroffen werden, in die zunehmend zum Ausführungsorgan degradierte Regierung wechselte, kann nur eines bedeuten: Er ist im Weißen Haus der vom Kreml geschickte Aufseher und Einflüsterer der „richtigen Entscheidungen“.
Und auch Alexander Schukow hat letztlich mehr Macht als Fradkow: Nicht nur, dass er nun als einziger Vizepremier – statt früher sechs solcher Oberminister – fast die gleichen Vollmachten hat wie Fradkow. Anders als der von abgelegenenen Posten aus Brüssel zurück geholte Premierminister wechselte Schukow als Abgesandter von „Einiges Russland“ in die Regierung. Schukows „Hausmacht“ ist mithin die Mehrheits-Partei im Lande wie in der Staatsduma. Und während der Wirtschaftsfachmann Schukow in Zukunft für sämtliche ökonomischen Reformprojekte zuständig sein wird, dürfte der soeben mit dem Regierungsapparat begonnene administrative Umbau des Staatsapparates auch weiterhin in erster Linie Sache Kosaks sein. Nach der Logik des „Kommersant“ bleibt Fradkow bleibt dann nur das Tagesgeschäft zu kontrollieren.
Aber letzlich ist es fast egal, ob Fradkow nun an erster, zweiter oder dritter Stelle im Weißen Haus rangiert: Das Sagen hat dort ohnehin uneingeschränkt Wladimir Putin. Fünf von fünfzehn Ministerien – der sogenannte Machtblock mit Innerem, Äußerem, Verteidigung, Katastrophenschutz und Justiz – unterstehen von vornherein nicht der Weisungsbefugnis des Premierministers, sondern des Präsidenten selbst. Und der Rest ist nun spätestens durch den Kahlschlag unter den bisherigen Ministern auch auf Linie gebracht.
(ld/.rufo)
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