Berlin/Moskau (dpa) - Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Claudia Roth (Grüne), hat sich bestürzt über die Lage in tschetschenischen Flüchtlingslagern im Kaukasus geäußert. Bis zu 60 000 Flüchtlinge lebten nach Schätzungen unabhängiger Organisationen allein in Lagern in der Tschetschenien benachbarten Teilrepublik Inguschetien.
"Die Lage ist sehr bedrückend", sagte Roth am Donnerstag nach einem Besuch in der Region in einem dpa-Gespräch. Viele Menschen hätten Angst, von den russischen Behörden zur Rückkehr in das kriegszerstörte Tschetschenien gezwungen zu werden. Immer wieder gebe es Drohungen, dass die bereits seit 1999 bestehenden Lager aufgelöst würden. Indirekt werde auf die Flüchtlinge Druck ausgeübt, indem zum Beispiel Gas und Wasser abgestellt würden.
"Tschetschenien ist eine offene Wunde, und die blutet in das ganze Land hinein", sagte Roth. Sie forderte die deutschen Bundesländer auf, einen Abschiebestopp für tschetschenische Flüchtlinge zu erklären. Die russische Führung müsse ihrer Verantwortung gegenüber den Flüchtlingen gerecht werden. Der Tschetschenien-Konflikt müsse auch bei der jährlichen Menschenrechtskonferenz der Vereinten Nationen in Genf klar angesprochen werden, sagte Roth.
"Es muss immer wieder darauf bestanden werden, dass der Anti-Terror-Kampf nicht Rabatt bei Menschenrechten bedeutet." Die Zukunft Russlands hänge auch davon ab, wie sich der Rechtsstaat und die Demokratie entwickelten. Der Hinweis auf Defizite bei den Menschenrechten in Russland sei nicht illegitim. Roth traf als erster offizieller westlicher Gast in Moskau auch mit dem neuen russischen Menschenrechtsbeauftragten Wladimir Lukin zusammen.
(dpa)
|