Moskau. Die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ soll auf Anweisung der russischen Behörden erst kürzlich erbaute Behelfsunterkünfte für tschetschenische Flüchtlinge wieder abreißen. Der Vorfall sei ein weiteres Indiz dafür, dass die Flüchtlinge zur Rückkehr nach Tschetschenien gezwungen werden sollten, klagten Vertreter der Ärzte-Organisation am Dienstag vor Journalisten in Moskau. Der Druck auf die Bewohner der Zeltlager in Inguschetien nehme ständig zu.
Die Regierung der an Tschetschenien grenzenden Teilrepublik Inguschetien tue derzeit alles, um die Arbeit humanitärer Organisationen zu erschweren, sagte Gabriel Trujillo, Russland-Chef von „Ärzte ohne Grenzen“. Die 180 Notunterkünfte, die den Bewohnern eines Zeltlagers zur Verfügung gestellt werden sollten, seien zunächst von den Behörden selbst angefordert worden. Unter Berufung auf angebliche Verstöße gegen die Baugesetze sei dann jedoch ein Bezug der mit EU-Geldern finanzierten Gebäude verboten worden.
Nach einer am Dienstag vorgestellten Studie von „Ärzte ohne Grenzen“ lehnt die große Mehrheit der Flüchtlinge in den inguschetischen Flüchtlingslagern eine Rückkehr nach Tschetschenien strikt ab. 93 Prozent von etwa 3.000 befragten Familien erklärten, sie hätten in der Kriegsregion Angst um ihr Leben. Viele Menschen hätten in den vergangenen Jahren während der Kampfhandlungen auch ihr gesamtes Hab und Gut verloren.
Nach Angaben der russischen Behörden hat sich die Lage in der umkämpften Kaukasus-Teilrepublik weitgehend beruhigt. Vertreter von Menschenrechtsorganisationen verweisen dagegen auf fortgesetzte Übergriffe russischer Truppen gegen Zivilisten und auf den andauernden Guerilla-Krieg. Journalisten und ausländische Beobachter haben derzeit kaum eine Möglichkeit, legal nach Tschetschenien zu reisen.
(epd/kp).
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