Moskau. Nach der Verhaftung des Ölmilliardärs Michail Chodorkowski herrscht in Moskau Verwirrung über die Lage des einflussreichen Chefs der Präsidentenverwaltung Alexander Woloschin. Mehrere russische Zeitungen berichteten, der Topbeamte, der die Kreml-Politik entscheidend mitbeeinflusst, habe bereits am Samstag seinen Rücktritt erklärt. Präsident Wladimir Putin habe das Rücktrittsgesuch prinzipiell akzeptiert.
Der Abgang Woloschins soll aber offiziell erst erfolgen, wenn sich die Lage in Russland etwas beruhigt hat, berichtete die „Nesawissimaja Gaseta“. Die einstimmige scharfe Kritik nach der Festnahme Chodorkowskis sei für den Kreml eine unangenehme Überraschung gewesen, so das Blatt weiter. Bereits gestern hatte der Radiosender „Echo Moskaus“ den Rücktritt Woloschins vermeldet, die Nachricht jedoch nach wenigen Minuten wieder zurückgezogen. Die „Moscow Times“ berichtete, die große Anzahl von Beamten-Limousinen, die am Dienstagabend mit Blaulicht in den Kreml rasten, sei ein sicheres Anzeichen dafür, dass hinter den Kulissen wichtige Entscheidungen gefällt worden seien.
Alexander Woloschin gilt als einer der einflussreichsten Vertreter des in den 1990-er Jahren an die Macht gelangten Jelzin-Clans. Lange Zeit war er ein Vertrauter des von Putin ins Exil getriebenen Finanzmoguls Boris Beresowski.
Im Kreml hatte er sich offenbar zuletzt als Fürsprecher des von Staatsanwaltschaft und FSB bedrängten Yukos-Chefs betätigt. Woloschin gilt auch als Protegeé der Beamten-Partei „Einiges Russland“. Sein Rücktritt würde die Machtbalance im Kreml weiter zugunsten der so genannten “Petersburger Gruppierung” verschieben, die zu bedeutenden Teilen aus Geheimdienstlern besteht. Die Präsidenten-Verwaltung hat bereits unter Boris Jelzin de facto die Machtbefugnisse einer Schattenregierung übernommen. Ohne vorherige Zustimmung der Woloschin-Behörde ist in den vergangenen Jahren auch kaum ein Gesetz vom Parlament verabschiedet worden.
Als möglichen Nachfolger Woloschins handelt die Moskauer Presse den ehemaligen KGB-Offizier und Karrierediplomat Wladimir Jakunin. Jakunin ist zurzeit Vizedirektor der russischen Bahn AG.
(kp/.rufo)
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