St. Petersburg. Valentina Matwijenko geht aus der Stichwahl um den Posten des Stadtoberhauptes von St. Petersburg als eindeutige Siegerin hervor. Damit wird sie zum ersten weiblichen Gouverneur der Nördlichen Hauptstadt und zur einzigen amtierenden Gouverneurin des ganzen Landes. Obwohl der Ausgang der Wahl keine Zweifel übrig ließ, ist allein die Tatsache, dass die Frauen in Russland im Kommen sind, eine ermutigende Entwicklung.
Am 5. Oktober fanden 28, 24 Prozent der Petersburger Wahlberechtigten den Weg an die Urnen. Die Wahlbeteiligung spielte allerdings keine Rolle mehr – zum Sieg reichte die einfache Mehrheit. Nach dem vorläufigen Endergebnis erzielte Valentina Matwijenko 63,12 Prozent, ihre Konkurrentin Anna Markowa 24,12 Prozent. 11, 77 Prozent der Stimmen entfielen auf den „Kandidaten gegen alle“.
Der Wahltag verlief nicht ohne Kuriositäten. Markowa wurde zunächst die Teilnahme an der Abstimmung verweigert, weil sie das Wahllokal gewechselt, die Genehmigung dazu aber weggeworfen oder verloren hatte. Sie wollte dort abstimmen, wo ihr Vorgänger Wladimir Jakowlew dies vor drei Jahren getan hatte – am Newski Prospekt. Die Wahlhelfer blieben jedoch hart, und so musste die ob dieses Vorfalls reichlich erzürnte Markowa noch gegen Abend in den Vorort Pargolowo fahren, wo sie offiziell gemeldet ist.
Matwijenko bekam es auf der Pressekonferenz in ihrem Wahlstab mit aggressiv gestimmten Gegnern zu tun. Eine junge Frau warf mit einem Strauß Nelken nach ihr, und weitere jugendliche Störer schmissen im Saal mit Flugblättern um sich, in denen Matwijenko aufgefordert wurde, die richtige Wahl zu treffen und sich Richtung Moskau davonzumachen.
Matwijenko gönnt sich nach Ende der Wahlprozedur keine Verschnaufpause und beginnt bereits am Montag damit, ihre Regierungsmannschaft zusammenzustellen. Sie erklärte, einige Beamte aus der alten Riege im Smolny werde sie zur Zusammenarbeit auffordern oder sie wenigstens konsultieren. Nur einem Mitglied der Jakowlew-Regierung werde sie ganz bestimmt kein Angebot machen – Anna Markowa. Das hätte auch verwundert – die beiden Damen konnten im Vorfeld der Wahlen ihre gegenseitige Antipathie nur schlecht verhehlen.
Die feierliche Amtseinführung der neuen Petersburger Gouverneurin findet am 15. Oktober im Mariinski-Palais vor der Gesetzgebenden Versammlung statt. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Regnum wird Präsident Wladimir Putin der neuen Stadt-Chefin wohl bereits am morgigen Dienstag seine Aufwartung machen. Auch das ist keine Überraschung – hatte Putin sich doch eindeutig auf Matwijenkos Seite geschlagen und mit seinen Sympathiebekundungen deutlich Einfluss auf die Wahl genommen.
Sind viele gewillt, das glücklich zu Ende gegangene Spektakel um den Gouverneursposten als genuin Petersburger Erscheinung zu werten, so steckt doch weitaus mehr dahinter. Russland bekommt mit dieser Wahl zum aller ersten Mal in seiner Geschichte ein weibliches Stadtoberhaupt. Heute haben die Frauen noch einen äußerst schwachen Anteil an der politischen Elite des Landes. Das könnte sich in der Zukunft ändern, wenn mehr starke Frauen versuchen werden, in Matwijenkos und Markowas Fußstapfen treten.
(sb/.rufo)
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