Von David Nauer, St. Petersburg. Die internationale Filmwelt applaudierte stehend: Der Film “Woswraschtschenije” (Die Rückkehr) des russischen Regisseurs Andrej Swjaginzew war die Sensation am diesjährigen Filmfestival von Venedig. Jetzt läuft das Drama des Newcomers aus Novosibirsk in den russischen Kinos an. Der Film ist ein grosses Kunstwerk - ohne Zweifel. Ob er auch den Geschmack des heimischen Publikums trifft, bleibt aber abzuwarten.
Das russische Kino ist zurück auf dem internationalen Parkett: Mit dem Familiendrama “Die Rückkehr” reißt der junge Nowosibirsker Regisseur Andrej Swjaginzew das russische Filmschaffen aus dem Jammertal, in das es nach dem Ende der Sowjetunion gefallen war. Der Film gewann in Venedig den Goldenen Löwen, die internationale Fachwelt war begeistert. Seit gestern wird er in St. Petersburg gezeigt, demnächst kommt er auch in Moskau und anderen russischen Städten in die Kinos.
Die Rahmengeschichte des Films ist in groben Zügen schnell erzählt: Der 14-jährige Andrej und der 12-jährige Iwan wachsen bei ihrer Mutter auf. Wie aus dem nichts taucht plötzlich der Vater auf, den die Jungen nur von Fotos kennen. Er will seine Söhne für einige Tage zum Fischen und Zelten in die Natur mitnehmen. Doch nach einem Anruf ändert er seine Pläne und fährt mit ihnen auf eine unbewohnte Insel, um nach einer geheimnisvollen Kiste zu suchen. An diesem Handlungsgerüst des Films werden große Lebensfragen aufgehängt: Es geht um Vertrauen, Verrat, Einsamkeit und es geht ums Erwachsenwerden. Der Vater will die Söhne zu “richtigen Männern” machen; zu solchen, die trinken, sich prügeln und auf der Straße den Frauen nachschauen. Doch vor allem Iwan, der jüngere, wehrt sich gegen den fremden Mann, der wie aus dem nichts in sein Leben tritt. Das Drama nimmt seinen Lauf.
“Die Rückkehr” ist geprägt von wunderschönen Bildern: Landschaften, Menschen, Städte - alles ist auf eine geheimnisvolle Art ästhetisiert. Viele Kameraeinstellungen überraschen, weil sie einen ungewohnten Blick auf die Welt werfen. Zusammen mit der melancholischen Musik von Andrej Dergatschow entsteht so ein Kunstwerk, das unter die Haut geht. Auch die Schauspieler überzeugen - allen voran der heute 14-jährige Iwan Dobronrawow, der den jüngeren Sohn spielt. Auch sein Kollege, der 15-jährige Andrej-Darsteller Wladimir Girin, berührt den Zuschauer tief. Umso mehr, wenn man weiss, dass er kurz nach dem Ende der Dreharbeiten in dem See nahe St. Petersburgs ertrank, an dem zahlreiche Szenen des Films gedreht worden waren.
Wie “Die Rückkehr” beim Hollywood gewohnten russischen Publikum ankommt, bleibt abzuwarten. Das Interesse der St. Petersburger Medien an der gestrigen Premiere mit anschließender Pressekonferenz war jedenfalls groß. Andrej Swjaginzew wurde mit Glückwünschen überhäuft und Iwan Dobronrawow wie ein kleiner Star gefeiert. Der Regisseur sagte, er hoffe sehr, dass der Film in Russland ankomme. “Wir haben ihn nämlich für das russische Publikum gemacht”, erklärte er weiter. Doch unabhängig von der Reaktion des heimischen Publikums, wird der internationale Rummel um den Film weitergehen: “Die Rückkehr” wurde bereits für einen Oscar nominiert.
(dan/.rufo)
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