St. Petersburg. Der unter Sperrfeuer von Steuerbehörde und Gerichtsvollziehern liegende Ölkonzern Yukos hat heute seinen baldigen Bankrott angekündigt – sofern es nicht doch noch gelingen sollte, mit der Regierung einen Schuldentilgungsplan zu vereinbaren. Ansonsten ginge Yukos Mitte August das Geld aus. Und das hätte schwere Folgen, nicht nur für das Unternehmen selbst.
Yukos-Chefmanager Steven Theede sagte heute, dass sein Unternehmen auf insgesamt elf entsprechende Briefe an verschiedene Ministerien und Behörden keine einzige Antwort erhalten habe. „Es geht gar nicht um Verhandlungen mit der Regierung, wir wollen einfach nur wissen, was hier vorgeht“, so Vorstands-Chef Theede.
Auch der schon für seine mangelnden Erfolge im Poker mit der Staatsführung gescholtene Aufsichtsratsvorsitzende Viktor Geraschtschenko machte seinem Ärger Luft: Die von ihm kontaktierten Entscheidungsträger in der Regierung ließen ihm immer von „liebenswerten Sekretärinnen“ ausrichten, sie seien gerade beschäftigt, unterwegs oder in einer Besprechung.
Auf einer Pressekonferenz stellte die Yukos-Führung heute neben diesen Umständen auch ihren verbleibenden finanziellen Spielraum dar: Bei den gegenwärtigen Ölpreisen würde das Unternehmen jeden Monat 1,8 Milliarden Dollar erwirtschaften, von denen 1,7 Milliarden jedoch für laufende Ausgaben benötigt werden.
In drei Wochen ist das Geld alle
Da jedoch die Hälfte der Einnahmen auf die von der Staatsanwaltschaft gesperrten Konten fließen, wird die Finanzierungslücke im Hause immer breiter. Bislang sei es gelungen, diese Defizite durch interne Reserven zu decken, so Theede: „Spätestens Mitte August sind diese Möglichkeiten aber erschöpft.“
Kredite würde Yukos nicht mehr erhalten und auch die letzte Möglichkeit zur Rettung, der Verkauf von Firmenanteilen, sei Yukos verbaut, da seine Aktien unter Arrest stünden.
An der Moskauer Börse brach nach diesen Hiobsbotschaften der Yukos-Führung der Kurs der Unternehmens-Aktie so heftig ein, dass der Handel mit dem Papier wieder einmal ausgesetzt werden musste.
Yukos beschwört eine Ölkrise herauf
Eine Zahlungsunfähigkeit hätte zur Folge, dass Yukos die Arbeit einstellen müsste. Die Folgen davon seien ein Rückgang des russischen Ölexports, Versorgungsengpässe mit Ölprodukten auf dem Inlandsmarkt und ein deutlicher Rückgang der Steuereinnahmen, warnte der Konzern. „Der erzwungene Bankrott eines der größten und effektivsten Unternehmen des Landes widerspricht den Interessen Russlands“, deklamiert man bei Yukos. Doch bislang stoßen derartige Appelle bei den Behörden auf taube Ohren – obwohl selbst Wladimir Putin schon ähnliches sagte.
Dieses von der Yukos-Spitze gezeichnete schwarze Bild berücksichtigt noch nicht einmal die drohende Beschlagnahme von Jurganskneftegaz und anderen, direkt mit der Ölförderung betrauten 100-prozentigen Tochterfirmen. Sollte dieser Plan der Gereichtsvollzieher umgesetzt werden, käme das Ende wohl noch schneller.
Gleichzeitig versucht Yukos, den Betrieb mit internen Finanztransaktionen am Leben zu erhalten - und nach Einschätzung mancher Insider für seine Aktionäre zugleich zu retten, was noch zu retten ist: So wurde heute angekündigt, dass Jurganskneftegaz von der in Luxemburg registrierten YUKOS Capital S.a.r.l. einen Kredit über 10,15 Milliarden Rubel (ca. 300 Mio. Euro) bekommen soll. Das Luxemburger Unternehmen würde damit im Falle eines Bankrotts des russischen Yukos-Konzerns zu einem Großgläubiger, der seine Ansprüche geltend machen kann.
Nach eigenen Angaben hat Yukos von den rechtskräftigen Steuernachforderungen für das Jahr 2000 in Höhe von 99,4 Milliarden Rubel (etwa 3,4 Miliarden Dollar) bislang etwa 300 Millionen Dollar aus laufenden Umsätzen getilgt.
(ld/.rufo)
|