 Moskau. Wenn ein deutscher Manager das erste Mal auf seine russischen Kollegen trifft, prallen mitunter Welten aufeinander. Fehlendes Verständnis für kulturelle Unterschiede könne zu ernsthaften Konflikten führen, meint Dr. Heike Pfitzner, die Leiterin der Interkulturellen Coachingfirma STIC. russland-aktuell befragte sie nach den Unterschieden zwischen Russen und Deutschen.
russland-aktuell: Was ist das Hauptproblem für deutsche Manager in Russland?
Pfitzner: Da muss man unterscheiden zwischen ost- und westdeutschen Managern und ob sie älter als 30 oder jünger sind. Die meisten Manager haben eine westdeutsche Sozialisation, die auf Individualismus beruht. In Russland prallt das dann auf die Tradition des Kollektivismus.
russland-aktuell: Wie zeigen sich die Unterschiede und Schwierigkeiten?
Pfitzner: Eigeninitiative, Selbstorganisation und Eigenverantwortung sind für einen deutschen Manager selbstverständlich, in Russland nicht unbedingt. Außerdem gehen Deutsche und Russen unterschiedlich mit Informationen um. Was ist wichtig, was ist unwichtig, was muss ich weiter geben, was soll ich für mich behalten? Diese Frage beantworten Russen und Deutsche verschieden. Wenn der Deutsche seinem russischen Kollegen ein Projekt überträgt und nach dem Fortgang fragt, hört er: „Alles normal“. Das heißt noch lange nicht, dass es zum vorgeschriebenen Zeitpunkt fertig ist, denn in Russland ist es eben normal, dass etwas mit Verspätung geschieht.
russland-aktuell: Muss sich der deutsche Manager mit Verspätungen abfinden?
Pfitzner: Nein, muss er nicht, aber er muss vermitteln, warum er etwas so haben will, wie er es sagt. Er muss seinem Untergebenen einerseits Verantwortung übertragen, andererseits aber auch vielmehr Hilfestellung geben. Er muss vermitteln, dass sich seine Mitarbeiter mit Fragen an ihn wenden können, wenn sie etwas nicht können. In Deutschland kann man sagen, was man nicht kann, in Russland ist das nicht üblich. Ein Russe wird daher nicht sagen, dass er etwas nicht kann.
russland-aktuell: Sind deutsche Manager in Russland überhaupt gefragt?
Pfitzner: Ja. Sie haben eine Erfahrung allen anderen westlichen Ländern voraus. In Deutschland wurde schon einmal der Übergang von einer sozialistischen Planwirtschaft zur Marktwirtschaft vollzogen.
russland-aktuell: Was tun Sie, um deutsche Manager auf den Business-Alltag in Russland vorzubereiten?
Pfitzner: Wir führen in Vorbereitung auf den Aufenthalt mehrtägige Trainings durch, machen die Kandidaten auf die Unterschiede aufmerksam, geben Verhaltenstipps. Aber wir begleiten unsere Klienten dann später auch in Russland.
Andererseits trainieren wir auch russische Mitarbeiter von Firmen, die an uns heran treten, üben z.B. das Telefonverhalten, das zugegebenermaßen in Russland doch recht rüde ist. Russische Direktoren treten an uns heran, um zu erfahren, wie sie mit deutschen Partnern verhandeln sollen. Für sie ist natürlich das wichtigste, zu erfahren, wie sie am meisten Geld herausschlagen können.
(ab/.rufo)
Dr. Heike Pfitzner ist freiberufliche Trainerin für Interkulturelles Coaching bei der Firma STIC. Seit 20 Jahren ist sie mit Russland verbunden. Das nächste Seminar findet am 5./6. Februar in Moskau statt. „Interkulturelles Verhandeln mit Deutschen“ heißt es und wird in Russisch abgehalten (Anmeldung unter 040-41357690, ).
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