St. Petersburg. Heute um Mitternacht wird Gasprom die Belieferung Weißrusslands mit Erdgas einstellen. Hintergrund ist, dass mit dem Nachbarstaat keine Einigung über den Preis russischen Gases erreicht wurde. Die Weißrussen können allerdings die Transitpipelines Richtung Westen anzapfen.
Wie der „Kommersant“ heute berichtet, blieben alle Verhandlungen zwischen den russischen Gaslieferanten und dem Abnehmer „Beltransgas“ über neue Lieferverträge erfolglos. Russland besteht auf kommerziellen Exportpreisen für seine Energie, Weißrussland wünscht sich jedoch Sonderkonditionen als Brudernation. Gemäß weißrussischen Informanten der Zeitung wurde gestern in Moskau über einen Preis von 41 bis 45 Dollar pro 1000 Kubikmeter verhandelt. Nach einer Verhandlungspause – und wohl einer telefonischen Rückfrage im Kreml - bestand Gasprom-Chef Alexej Miller dann aber auf 50 Dollar. Diesen Preis bezahlt auch die Ukraine.
Damit waren die Verhandlungen vorerst gescheitert und Gasprom kündigte eine Einstellung des Gastransports nach Weißrussland an, da auch die für Januar mit zwei anderen russischen Energieunternehmen getroffenen Liefermengen komplett überstellt worden seien. Wird nicht noch heute eine Lösung gefunden, kommt es zum ersten Mal seit 1991 wieder zu einer Gas-Blockade gegen einen russischen Nachbarstaat. Seinerzeit wollten die unabhängig gewordenen Staaten Litauen und Estland ebenfalls nicht die Exportpreise bezahlen.
Weißrussland hat Energievorräte für drei bis vier Wochen. Einige Großbetriebe, die jedoch direkt mit Erdgas beliefert werden, könnten sofort die Folgen spüren, wenn Russland den Hahn abdreht. Allerdings würde es diesmal ein Land treffen, mit dem Russland nach offizieller Darstellung nach wie vor eine Währungsunion und später einen Staatenbund anstrebt. In vielen Detailfragen wie etwa bei Zöllen und Handelsschranken kommt es aber immer wieder zu gegenseitigen Schikanen und unerwarteten Problemen.
Anfang September hatten die Präsidenten Putin und Lukaschenko in Sotschi vereinbart, dass Weißrussland in Zukunft den Marktpreis für die Energieressourcen aus Russland zahlen wird. Später verknüpfte dann Lukaschenko die Tariffrage dann doch wieder mit dem ebenfalls diskutierten Verkauf von „Beltransgas“ an Gasprom. Es steht außer Zweifel, dass die Frage des Gaspreises und eines Lieferstopps nicht von den russischen Lieferunternehmen und den weißrussischen Abnehmern entschieden wird, sondern von Putin, Lukaschenko und ihren Beratern.
Laut „Kommersant“ kann Weißrussland aber vorerst ohne größere Probleme die Transitleitungen anzapfen, durch die russisches Gas nach Polen und Deutschland gepumpt wird. Denn auch über die Konditionen des Gastransits gibt es für 2004 keinen neuen gültigen Vertrag zwischen beiden Ländern. Weißrussland vertritt deshalb die Position, dass die alten Verträge vorerst weiter gelten.
(ld/.rufo)
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