Von Gisbert Mrozek, Moskau. Zum Überraschungs-Treffen mit Wladimir Putin, das viele erwartet hatten, kam es nicht. Aber die Russlandsreise des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch, dem Kanzlerambitionen nachgesagt werden, hinterlässt doch Spuren. Der hochkarätige „Rat für Aussen- und Verteidigungspolitik“ überzeugte sich vom rhetorischen Talent Kochs. Seine Botschaft wird auch die neueröffnete Wirtschaftsvertretung des Bundeslandes weitertragen. „Ab heute sind die Hessen da“, sagte Koch – mit einem Seitenblick auf die Bayern und die Würtemberger.
„Wir können es uns nicht leisten, nicht hier vertreten zu sein“, sagte Koch bei der Eröffnung der Wirtschaftsvertretung. Angesichts der „Konkurrenz der Bundesländer“ brauche auch Frankfurt seine Dauerdependence. Schliesslich seien Moskau und Frankfurt jeweils die Ausgangsposition für deutsche und russische Unternehmer.
Als erstes Bundesland hatte Bayern begonnen, intensive Beziehungen mit Moskau zu pflegen. Stoiber reist seit Jahren regelmässig an der Spitze einer Wirtschaftdelegation nach Moskau – und wurde im vergangenen Bundestagswahlkampf als Kanzlerkandidat der Union gar von Putin im Kreml empfangen. Eine Ehre, die Koch beim ersten Versuch versagt blieb.
Ging es früher um Investitionen in Russland oder gar humanitäre Hilfe, so sei jetzt die Rede von Wirtschaftsbeziehungen „auf Augenhöhe“, sagte Koch. Er wolle auch russische Unternehmer überzeugen, nach Hessen zu kommen. Einen ähnlich neuen Ton stimmten auch Commerzbankchef Andreas de Maiziere oder Messedirektor Michael von Zitzewitz an – während der Vertreter der Moskauer Stadtregierung Josif Ordschonikidse sich schon mehr auf die hessischen Investitionen freute.
Ganz zufrieden mit der frisch eröffneten Landesvertretung war Roland Koch denn aber doch nicht. Die Dependence ist so schlecht gelegen, dass die Eröffnung ins Ararat Park Hotel verlegt werden musste. Die Frankfurter Messegesellschaft solle dafür sorgen, dass die Vertretung künftig „gut sichtbar, erreichbar und kundenfreundlich“ werde, wünschte sich Koch von Zitzewitz.
Offensichtlich ist die Wirtschaftsvertretung auch als Investition in die politische Zukunft Kochs gemeint. Und ebenso offensichtlich traut auch die Moskauer Polit-Elite Koch persönlich und der Union im allgemeinen eine solche Zukunft zu.
Ob er denn wirklich vielleicht Kanzlerkandidat werden könne, fragte denn auch einer der Teilnehmer bei einer abendlichen Sitzung des prominenten „Rates für Aussen- und Verteidigungspolitik“ (SWOP). Koch hielt sich zurück. „Die Hessen werden mich eine Zeitlang behalten“, sagte er – übte sich aber vor dem erlauchten Kreis doch auch schon in Aussenpolitik und Strategie.
Zu der Sitzung hatten der SWOP und Konrad-Adenauer-Stiftung gemeinsam eingeladen, damit Koch referiere über den Konservatismus, die Mitte und die Werte. Seinen philosophischen Vortrag hörten die trotz Sommerloch erstaunlich zahlreich erschienenen SWOP-Mitglieder, Diplomaten, Analytiker, Journalisten, Ex-Spione und Politiker mit Aufmerksamkeit. Der Kreis lebte aber merklich auf, als Koch konkreter wurde.
Wie er es sich denn erkläre, dass er bei seinem jüngsten Besuch in den USA sogar von George Bush empfangen wurde, während Regierungsmitglied Wolfgang Clement mit Vizepräsident Cheyny vorlieb nehmen musste ? Woraufhin Koch durchaus pragmatisch darauf verwies, dass dies eben in der Zeit war, in der Angela Merkel für die Union die Irak-Politik Bushs eintrat, während Schröder (und Putin) sie heftig kritisierten.
Russland werde auf Dauer kein „normales Mitglied“ der EU werden können, erklärte Koch. Russland sei aber wichtig als selbstbewusster Partner in Vertragsbeziehungen „auf Augenhöhe“ in einem Europa, in dem die Grenzen abgebaut werden.
Russland sei zwar noch wirtschaftlich schwach, aber militärisch doch immer noch eine Weltmacht – was man von Deutschland nicht sagen könne, meinte Koch. Es dürfe keinen permanenten Gegensatz zu Russland geben. |