Moskau. Die Türkei hat überraschend ihre Position im Gasstreit mit Russlands Monopolisten Gasprom revidiert und sich bereit erklärt, unter den derzeit gültigen Bedingungen ab 1. August wieder Lieferungen aus der Pipeline „Blauer Strom“ abzunehmen. Vorausgegangen war ein monatelanger Streit über Preis und Umfang der Gaslieferungen. Die Türkei bemängelte beides als zu hoch, während Gasprom auf Einhaltung der Verträge bestand. Am Mittwoch war Gasprom-Vizechef Juri Komarow in Ankara, um im Streit zu einem Kompromiss zu gelangen.
Schon zuvor hatte der türkische Energieminister Hilmi Güler nach einem Treffen mit EU-Kollegen in Italien seine Drohung zurück gezogen, gegen Gasprom vor Gericht zu ziehen. Es hat den Anschein, als ob der Druck der EU auf die Türkei zu dem überraschendem Umschwenken geführt hat. Vor dem Treffen schien die Position des Landes kompromisslos, schon seit März hatten die Türken wegen der angeblich zu hohen Preise in ihrem Land den Gashahn zugedreht und keine Lieferungen von Gasprom mehr angenommen.
Anfang Juli hatte sich dann Gasprom bereit erklärt, Preise und Umfang der Lieferungen zu senken, wobei der Konzern die Niederlage mit dem Euphemismus „Rabatte gewähren“ zu beschönigen versuchte. Der jetzige überraschende Positionswechsel der Türkei bewahrt Gasprom vor Milliardenverlusten, die bei einem möglichen endgültigen Stopp der Gaslieferungen zu erwarten gewesen wären.
Dennoch gilt als wahrscheinlich, dass Alexej Miller seinen Vize nach Ankara sandte, um der türkischen Seite entgegen zu kommen. So wird wohl vor allem der Umfang der Lieferungen reduziert. Als die Verträge 1998 abgeschlossen wurden, gingen beide Seiten von einem starken Wirtschaftswachstum und damit verbunden steigender Energienachfrage in der Türkei aus. Doch die türkische Wirtschaft macht eine Flaute durch und der Energiebedarf ist bei weitem nicht so hoch wie angenommen.
Die neuen Vereinbarungen werden dem wohl Rechnung tragen. Auf der anderen Seite hat Gasprom seinen türkischen Markt gerettet und hält sich die Möglichkeit offen, über den Bosporus auch Gas nach Südeuropa zu exportieren.
(ab/.rufo)
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