Moskau. Es war ein dreifacher Schlag der Staatsanwaltschaft gegen den Ölkonzern Jukos. Vize-Konzernchef Platon Lebedjew wurde am Mittwochabend im Krankenhaus festgenommen. Der 43-jährige Milliardär soll sich Anfang der 90er Jahre Staatseigentum in Höhe von umgerechnet 246 Millionen Euro angeeignet haben. Unter doppeltem Mordverdacht ebenfalls verhaftet wurde der Sicherheitschef des Ölgiganten Jukos Alexej Pitschugin. Der Generaldirektor der von Jukos kontrollierten Ölgesellschaft WNK Ramil Burganow wurde wegen Betruges zur internationalen Fahndung ausgeschrieben.
Platon Lebedjew gilt als die Nummer 13 in der Einkommensliste Russlands .Sein Vermögen wird auf eine Milliarde US-Dollar geschätzt. Er ist bei Russlands größter Ölgesellschaft Jukos die Nummer Zwei hinter Konzernchef Michail Chodorkowski. Zugleich war Lebedjew Chef der Menatep-Bank (nicht zu verwechseln mit Alexander Lebedjew, dem Chef der Nationalen Reservebank).
Die Staatsanwaltschaft wirft Platon Lebedjew vor, sich 1993 20 Prozent der Aktien des Bergwerkes „Apatit“ angeeignet zu haben. Zu der Zeit war Lebedjew Vize-Chef der Industrieholding „Rosprom“. Zu der Holding gehörte auch die AG „Wolna“, die die Aktien von „Apatit“ durch Investitionsversprechen in Höhe von 15,1 Milliarden Euro erhielt. Die Investitionen wurden nicht getätigt und als das Gebiet Murmansk das Aktienpaket zurück forderte, stellte sich heraus, dass es schon weiter verkauft worden war.
Dennoch kommt der Vorwurf gegen Lebedjew überraschend. Erstens kam es nach der Klage des Amtes zur Verwaltung des Staatseigentums gegen „Wolna“ zu einer Einigung vor Gericht. Der Chef des Unternehmens zahlte an die Behörden eine Entschädigung und die Sache wurde zu den Akten gelegt. Zweitens ist völlig unklar, welche Verbindung der Fall zu der Person Lebedjew hat.
Ursache der Anklage ist offenbar ein Schreiben des Duma-Abgeordneten Wladimir Judin von der Fraktion „Regionen Ruslands“ an die Staatsanwaltschaft vor einem Monat, in dem Judina die Rechtmäßigkeit der Privatisierung von „Apatit“ in Frage stellte. Die Verhaftung Lebedjews wurde nach Meinung der Moskauer Internetzeitung gazeta.ru mit demonstrativer Härte durchgeführt. Der Kranke wurde in Handschellen abgeführt. Die Ermittler unterhielten sich auf tatarisch und verletzten damit gleich mehrere Vorschriften der Strafprozessordnung.
Alexej Pitschugin wurde schon vor einigen Wochen verhaftet, bekannt wurde dies jedoch ebenfalls erst am Mittwoch. 1998 soll er, um einen persönlichen Feind zu erschrecken, einen Bombenanschlag in Auftrag gegeben haben. Als der Mittäter ihn dann drei Jahre später erpresste, musste er auch sterben, so die These der Staatsanwaltschaft. Der Anwalt Pitschugins bezeichnet die Beschuldigungen als „Blödsinn“.
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Der dritte Verdächtige Ramil Burganow entzog sich seiner Verhaftung durch Flucht. Gegen ihn wurde ein internationaler Haftbefehl ausgestellt. Bei der Übernahme der Ölgesellschaft WNK durch Jukos soll er sich ein Aktienpaket in Höhe von 30 Millionen Euro angeeignet haben, das dem Staat gehörte.
Der Chef von Jukos Michail Chodorkowski kommentierte die Verhaftungen mit den Worten: „Die Ereignisse ähneln sehr dem, was wir in letzter Zeit über die „Wehrwölfe mit Schulterstücken“ gelesen haben, die kleine Geschäftsleute erpressen.“
In der Moskauer Presse wird geargwöhnt, dass die Verhaftungen Teil des Vorwahlkampfes sind. Sie sollen zeigen, dass der Staat gegen Korruption und Verbrechen vorgeht. Die Tageszeitung Kommersant stellt die These auf, dass der Schlag auch direkt gegen Konzernchef Michail Chodorkowski gerichtet sein könne, der offen seine Sympathie für die oppositionellen Parteien Union der Rechten Kräfte und Jabloko äußerte.
(ab/.rufo)
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