(kp) Von Karsten Packeiser (Moskau). Dass er aus Trier stammt, hat Heiner Hamm in Russland schon gute Dienste erwiesen. Als es um seine Geschäfte ganz schlecht stand und im Spätherbst 1997 aufgehetzte Arbeiter das Gipswerk der Firma Knauf in Psebaj in Südrussland stürmten, war es für den Russland-Direktor des Familienunternehmens von Nutzen, in der selben Stadt geboren zu sein wie Karl Marx.
Hamms Herkunft half ihm dabei, ins Gespräch mit dem erzkommunistischen Gouverneur der Region Krasnodar Nikolai Kondratenko zu kommen, der die deutschen Investoren damals am liebsten aus der Region davongejagt hätte. „Anfangs hat er uns enorme Schwierigkeiten gemacht. Später bekamen wir einen sehr guten Draht zu ihm“, erinnert sich Hamm. „Vieles muss in Russland eben emotional gemacht werden.“
Der deutsche Baumaterialhersteller Knauf gilt gemeinhin als Musterbeispiel für die Erfolgsgeschichte eines deutschen mittelständischen Unternehmens unter Bedingungen des russischen Wild-West-Kapitalismus. 14 Fabriken und sieben Verkaufsgesellschaften hat Knauf in den vergangenen Jahren gegründet, und das nicht nur in den reformorientierten russischen Regionen, sondern auch dort, wo die örtlichen Gouverneure nicht gerade als glühende Wegbereiter der freien Marktwirtschaft galten. An den meisten Standorten sind die Betriebe die wichtigsten Steuerzahler für die lokalen Haushalte.
Heiner Hamm leitete die Russland-Geschäfte des bayerischen Familienbetriebs, die er jetzt an seinen Nachfolger Heinz Jurkowitsch übergeben wird, zehn Jahre lang. „Solche Leute wie Heiner Hamm gestalten die Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern“, lobt der Leiter des Moskauer Bayern-Büros und russische Ex-Konsul in München Michail Logwinow den Manager. Hamm lächelt geschmeichelt, wenn er solche netten Worte hört. In zehn Jahren hat er es immerhin zum „Verdienten Bauarbeiter der Russischen Föderation“ und Ehrenmitglied der Kuban-Kosaken gebracht.
Rohstoffe und gutes Personal seien die Grundlage für den Erfolg des Unternehmens in Russland. Für Investoren, die keine „schnellen Dollars machen“, sondern mit Ernst und auf lange Frist nach Russland kämen, werde sich das Engagement auch lohnen. Auch die Menschen vor Ort müssten spüren, dass der ausländische Investor an einer stabilen und dauerhaften Arbeit interessiert sei. „Wenn man das Vertrauen hat, dann läuft das auch“, weiß der Russland-Veteran Hamm.
Knauf blieb auch in Russland, als nach der Rubelkrise im August 1998 die Lage völlig außer Kontrolle zu geraten drohte. „Damals haben wir verstanden: Das Handelsgeschäft hört jetzt auf“, so Hamm. Die eigene Produktion in Russland auszubauen, lautete das Gebot der Stunde –allen Warnungen vor dem hohen Risiko für ausländische Investitionen zum Trotz.
Außer in Krasnodar versuchten auch in Nischnij Nowgorod Betrüger, dem Unternehmen seine Betriebe in Russland wieder abzunehmen. Knauf konnte sich nach gerichtlichen Bataillen aber letzten Endes jedes Mal durchsetzen. „Aus unserer Erfahrung ist Russland ein Rechtsstaat“, ist sich Hamm sicher.
Derzeit baut das Unternehmen seine Aktivitäten in den anderen GUS-Staaten aus. Betriebe in Moldawien und der Ukraine gibt es bereits. Jetzt plant Knauf in Kasachstan die erste deutsche Großinvestition in die dortige Bauindustrie. |