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Simon Weinstock - der Herr aller russischen Pipelines - im Auftrag des Kreml (Foto: Archiv) |
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Mittwoch, 10.01.2007
Weinstock der Ölmanager mit feurigem GemütMoskau. Eins muss man dem Chef der Ölpipelinegesellschaft Transneft, Semjon Weinstock, lassen: Öl ins Feuer gießen kann er. Mit scharfen Worten heizte er den Moskauer Konflikt mit Minsk noch zusätzlich ein.
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An der heiligen Kuh habe sich die weißrussische Führung vergriffen, polterte Weinstock Anfang der Woche. Dann erklärte er, dass die Weißrussen einfach 79.000 Tonnen Öl aus der Druschba-Trasse abgezapft hätten ein fürwahr wenig freundschaftlicher Akt.
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Als Reaktion ließ Weinstock jedenfalls die Leitung gen Westen ganz trocken legen, wobei davon auszugehen ist, dass er die Entscheidung nicht ohne das Einverständnis von Präsident Wladimir Putin traf.
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Weinstock ist ein Relikt aus alter Zeit
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Seit Ende 1999 leitet Semjon Weinstock den staatlichen Ölpipeline-Monopolisten Transneft. Der Konflikt mit Weißrussland um die Druschba-Trasse ist für ihn die bislang größte Herausforderung im Chefsessel. Bislang hat er die Unterstützung Putins, doch da er im Gegensatz zu Gasprom-Chef Miller kein enger Vertrauter des Kreml-Chefs ist, muss er vorsichtig agieren.
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Vor allem die Geheimdienst-Fraktion im Kreml würde das Relikt aus der Jelzin-Zeit lieber heute als morgen entsorgen und einen eigenen Mann an die Spitze des Staatskonzerns setzen. Immerhin, die Freundschaft zum Chef der Präsidialadministration, Sergej Sobjanin, schützt ihn vor offenen Angriffen.
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Doch obwohl Weinstock eher wie ein weltfremder Wissenschaftler wirkt, ist er wendig, hat gelernt, sich durchzusetzen und leidet keineswegs unter mangelndem Selbstbewusstsein. In der ganzen Zeit meiner Arbeitstätigkeit, und die beträgt immerhin schon über 40 Jahre, ist noch nicht eines meiner Projekte missglückt, sagte er mal in einem Radio-Interview über sich selbst.
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Wissenschaftler geht in die Wirtschaft
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1947 wurde Semjon Michailowitsch Weinstock in der Ortschaft Klimauzy in Moldawien geboren. Nach dem Besuch des Technikums und dem Abschluss eines Bauinstituts machte er seine Aspirantur an der Universität für Öl- und Gasindustrie in Tjumen.
Doch der Akademiker ging nicht in die Wissenschaft, sondern in die Wirtschaft. So war er erst bei der baschkirischen Ölgesellschaft Baschneft aktiv, später dann bei Lukoil, wo er bis zum Vize-Präsidenten aufstieg. Mit einem Kurs an der Deutschen Management-Akademie rundete er seine Managerfähigkeiten ab.
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1999 versuchten Roman Abramowitsch und der zu jener Zeit äußerst einflussreiche Eisenbahnminister und Vize-Premier Axjonenko (später wurde gegen ihn ein Korruptionsverfahren eingeleitet, dass erst nach seinem Tod eingestellt wurde) Weinstock auf den Posten des Transneft-Chefs zu hieven.
Dies führte zu einem Eklat: Dmitri Saweljew, der bis dahin die Geschäfte des staatlichen Ölpipelinemonopolisten lenkte, klagte gegen seine Entlassung. Ein Gericht legte daraufhin die Vollmachten Weinstocks für zwei Monate auf Eis. Am Ende setzte er sich dennoch durch.
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Mit der Ernennung wurde Weinstock zu einem der mächtigsten Männer Russlands. Transneft verfügt über das weltweit größte Pipelinesystem mit einer Gesamtlänge von knapp 50.000 Kilometern. Alle großen Ölkonzerne müssen mit Transneft verhandeln, um das schwarze Gold exportieren zu können. Dabei kommt es häufiger zu Konflikten.
Selbst mit seinem ehemaligen Arbeitgeber Wagit Alekperow von Lukoil hat Weinstock inzwischen ein eher gespanntes Verhältnis; zu Michail Chodorkowski, der als Yukos-Chef eine eigene Trasse nach China bauen wollte, sowieso.
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Weinstock nimmt Baikal unter Beschuss
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Die Idee einer Ausweitung des Petroleum-Exports in Richtung Osten begrüßte Weinstock hingegen aufrichtig, passte sie doch voll ins Konzept des Konzerns. Wir haben Europa mit Öl überfüttert. Jedes Wirtschaftshandbuch wird Ihnen sagen, dass bei einem Überangebot der Preis fällt. Sobald wir uns China, Südkorea, Australien und Japan zuwenden, wird dies einen Teil des Öls von unseren europäischen Partnern abziehen, sagte der Pipeline-Boss.
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Ohne Rücksicht auf die Umwelt wurde der Bau einer Leitung nach China direkt entlang am Ufer des Baikalsees vorangetrieben. Gutachten wurden zurechtgebogen, um eine Baugenehmigung zu erwirken. Demonstrierende Umweltschützer vor der Transneft-Zentrale in Moskau waren schnell verhaftet worden, um unliebsame Publicity zu vermeiden.
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Kurswechsel befohlen
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Am Ende nutzte es nichts, denn Präsident Putin selbst befahl überraschend in letzter Sekunde einen Kurswechsel für die Pipeline, wobei er den zaghaft widersprechenden Weinstock mit den Worten belehrte: Wenn es auch nur eine geringfügige Wahrscheinlichkeit gibt, dass der Baikal verschmutzt wird, dann dürfen wir, wenn wir an die zukünftigen Generationen denken, diese Gefahr nicht minimisieren, sondern müssen sie ausschließen
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Der Baikalsee soll nun weiträumig umgangen werden. Ich bin Soldat, der Präsident ist der Oberkommandierende. Befehle werden nicht diskutiert", kommentierte Weinstock die Entscheidung anschließend.
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Im Konflikt mit Minsk sieht es freilich nicht so aus, dass Soldat Weinstock einen baldigen Rückzugsbefehl erhält. So wird er weiter auf Konfrontationskurs bleiben. Schließlich läuft sein Vertrag als Transneft-Chef 2007 aus und die Regierung muss entscheiden, ob er weiter auf dem Posten bleiben wird.
(André Ballin/.rufo)
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