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Ein ungewöhnlicher Anblick im totalitären Nordkorea: die neue russische Kirche (foto: vesti.ru)
Ein ungewöhnlicher Anblick im totalitären Nordkorea: die neue russische Kirche (foto: vesti.ru)
Dienstag, 15.08.2006

Nordkorea lässt russisch-orthodoxe Kirche zu

Karsten Packeiser, Moskau. Neue Glaubensfreiheit? In Pjöngjang wurde eine orthodoxe Kirche eröffnet – nachdem Nordkoreas Diktator und Halbgott Kim Jong Il sich in Russland ein solches Gotteshaus angesehen hatte.

Der Geliebte Führer war zutiefst beeindruckt von Ikonen, Kerzen und Weihrauch. Während seiner legendären Russland-Reise im gepanzerten Sonderzug hatte der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Il im Sommer 2002 bei einem Zwischenstopp auch eine orthodoxe Kirche besucht.

Kim gab die Anweisung, auch in Pjöngjang eine solche Kirche zu bauen. Nun wurde das kuriose Gotteshaus mit zwei goldenen Zwiebeltürmen in der Hauptstadt der kommunistischen Volksrepublik feierlich geweiht.

Renaissance nach 70 Jahren Pause


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„Der Orthodoxe Glauben kehrt nach Korea zurück“, triumphierte das russische Staatsfernsehen. Metropolit Kyrill, der Leiter des kirchlichen Außenamtes, sprach nach dem ersten Gottesdienst in Nordkorea von einem „historischen Tag“. Die Russische Orthodoxe Kirche hofft bereits darauf, die Geschichte ihrer Missionsgesellschaft für Korea fortsetzen zu können, die mit der japanischen Besatzung der Halbinsel vor 70 Jahren ein abruptes Ende genommen hatte. Keine einzige der Anfang des 20. Jahrhunderts erbauten orthodoxen Kirchen in Korea überstand den Zweiten Weltkrieg und den anschließenden Koreakrieg.

Führerkult und Kirche schließen sich nicht aus


Der Aufbau eines orthodoxen Kirchenlebens in der atheistischen Volksrepublik, in der die Bevölkerung Staatsgründer Kim Il Sung und seinem Sohn Kim Jong Il in einem grotesken Personenkult huldigen muss, verlief mit geradezu stürmischem Tempo. Die russische Presse spekulierte bereits, ob der nordkoreanische Diktator womöglich gar selbst Christ geworden sei oder eventuell kurz nach seiner Geburt in Sibirien heimlich getauft worden sein könnte. Kim Jong Il selbst sprach davon, der Bau mit den Zwiebeltürmen sei eine „Brücke der Freundschaft zwischen dem russischen und dem koreanischen Volk“.

Nordkoreaner in russischem Priesterseminar


Schon kurze Zeit, nachdem der Geliebte Führer mit seinem Panzerzug wieder die Heimat erreicht hatte, wurde in Nordkorea ein „Komitee Orthodoxer Gläubiger“ gegründet. Vier junge Koreaner ließen sich im Moskauer Priesterseminar immatrikulieren, lernten in Rekordzeit Russisch und sogar Kirchenslawisch.

Erst kürzlich ließen sie sich in der Heimat trauen – eine Voraussetzung dafür, um in der orthodoxen Kirche Gemeindepriester zu sein. „Der orthodoxe Glaube ist schwierig und schwer zu erfassen“, sagte Diakon Fjodor Kim in einem Fernsehinterview, „aber unser großer Führer Kim Jong Il hat beschlossen, dass in Pjöngjang eine orthodoxe Kirche entstehen soll.“

Rätselraten um Zahl der Gläubigen


Belegbare Angaben über die Zahl der Christen und die tatsächliche Lage der wenigen vom Staat geduldeten religiösen Einrichtungen in Nordkorea gibt es bislang nicht. Nach offiziellen Angaben repräsentiert der Christenbund 13.000 Gläubige. Es existieren zwei evangelische Kirchengebäude. Daneben soll es Gemeinden im Untergrund geben.

Mutmaßungen, in dem totalitär regierten Land sei gar kein normales Kirchenleben möglich, weist das Moskauer Patriarchat jedoch zurück. „Das hat man früher auch über die Sowjetunion gesagt“, meint Wsewolod Tschaplin vom kirchlichen Außenamt.

„Aber aus eigener Erfahrung weiß ich, dass die Kirche auch bei uns immer mehr war, als nur ein Vorzeigeobjekt für Ausländer.“ Er sei sich sicher, dass es auch unter den Koreanern wirklich Gläubige gebe, die auf die Kirche in Pjöngjang gewartet hätten, so Tschaplin.

Orthodox beten auch am Südpol möglich


In den letzten Jahren hatte das Moskauer Patriarchat offenbar auch aus Statusgründen an verschiedenen eher ungewöhnlichen Orten der Erde orthodoxe Kirchen und Kapellen erbauen lassen. In der ersten orthodoxen Kirche der Antarktis werden bereits Gottesdienste abgehalten. Nicht nur für eine Handvoll Polarforscher, sondern in erster Linie zum Ruhm Gottes, versteht sich.

(kp/epd)


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