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Medwedew wird lockerer im Umgang, aber dadurch auch weniger originell. (Foto: TV)
Medwedew wird lockerer im Umgang, aber dadurch auch weniger originell. (Foto: TV)
Montag, 28.12.2009

Medwedew: Vom Intelligenzler zum Sprücheklopfer?

Moskau. Im Unterschied zum verbal eher resoluten Putin ist Medwedew bisher eher als ein in seiner Wortwahl höflicher Mensch bekannt. Aber sein Image ändert sich – er kann jetzt auch schon mal wie die Axt im Walde ertönen.

Das merkt jedenfalls die russische Presse an, nachdem Präsident Dmitri Medwedew in seinen öffentlichen Auftritten – wie etwa in seinem live im Fernsehen übertragenen Jahresrückblick am letzten Donnerstag – immer mehr aus sich herauskommt.

Von Missgeburten und granitenen Worten


In der Livesendung kamen Medwedew tatsächlich Worte über die Lippen, die er sich früher wahrscheinlich nicht einmal im Selbstgespräch erlaubt hätte. So bezeichnete er die Verantwortlichen für die Brandkatastrophe in Perm als „Missgeburten“ und „gewissenlose Banditen“ und verspricht, allen illegalen Spielcasinos im Lande „den Garaus zu machen“.

Am Tag nach der Sendung ging die Übung weiter: In einem Gespräch im Kreml machte er klar, seine Worte seien „keine Erwiderungen, sondern Urteile“. Und weiter: „Erwiderungen sind eure Sache, alles was ich sage, ist wie in Granit gegossen!“

Des toten Esels Ohren


Zufall ist die Metamorphose des Präsidenten nicht. So will „Wedomosti“ wissen, die Imagemaker im Kreml seien drauf und dran, Medwedew einen „brutalen und familiären Stil“ zu verpassen. Mit dem er dann gegenüber seinem Vorgänger und hartnäckigen Konkurrenten Wladimir Putin im Kampf um die Gunst des Volkes punkten kann.

Der ist wahrlich ein richtiger Meister im Sprücheklopfen. Ganz zu Beginn seiner Präsidentenzeit rüttelte er das Land mit der derben Ankündigung auf, tschetschenische Terroristen notfalls „auch im Pissoir abknallen“ zu wollen.

Der unlängst abgegebene Kommentar Putins, der Skandal um die krisengeschüttelte Industriestadt Pikaljowo sei „nicht mehr und nicht weniger als des toten Esels Ohren“ (im Sinne von "die Spitze des Eisberges"), klingt da schon harmlos.

Die Sprachgewaltenteilung ist Vergangenheit?


Wenn Medwedew so weitermacht, hat die Image-Aufteilung zwischen ihm und Putin wohl ein Ende. Dabei spielte Medwedew bisher doch fast perfekt die Rolle des ausgewogenen und stets um Objektivität bemühten Intelligenzlers.

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Und Putin hatte den Part der Axt im Walde inne – volksnah, offen, ehrlich, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Wer weiß – vielleicht ist das Ende der Sprachgewaltenteilung zwischen den beiden politischen Führern Russlands gar der Beginn des 2012 anstehenden Kampfes um den höchsten Posten im Lande?

Ein eigener Stil würde nicht schaden


Aber Medwedew tut es womöglich nicht gut, seinen Konkurrenten zu kopieren. Die Zeitung „Wedomosti“ schreibt, die neue Grobheit „passt schlecht zu Medwedews intelligentem Auftreten und seiner Biografie“.

Er sollte besser einen eigenen Stil im Umgang mit Untergebenen und Bürgern entwickeln. Da könnten gerne auch emotional gefärbte Worte vorkommen, besonders in Extremsituationen wie etwa nach dem Brand in Perm.

Nur mit einem eigenen Profil habe der Präsident eine Chance, dass seine Worte aus einem Guss sind – wenn schon nicht in Granit gegossen, dann wenigstens in Bronze.



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davai 06.01.2010 - 09:17

Politikersprüche

Ohne Sprücheklopfen kommt im Westen kein Politiker in die Medien. Das ist doch nichts Neues!


keller 05.01.2010 - 18:22

Das ist auf jeden Fall kein Politbüro vom alten Schlag

Die Zeiten ändern sich, manchmal auch zum glücklicheren Schicksalsstrang.
In der Tat, wir haben in Russland in der Führungsspitze auf keinen Fall Politbürogreise, die einen jeden Versuch, ein Dialog anzufangen, nollens vollens in eine tiefe Frustration umschlagen sollte.
In diesem Fall brauchen wir uns keine Sorgen darüber zu machen, dass es langweilig wird. Das wichtigste, denke ich aber, ist, dass man genau weiss, und das nicht nur in Russland, dass hinter einer manch frostigen oder unverblümten Wortwahl doch etwas mehr Grips dahinter steckt, als sich manch einer vielleicht denken könnte. Es geht bei den beiden wichtigsten russischen Politikern nicht nur um das Pragmatische (obwohl auch dies pragmatische Züge hat, um die Gunst der Bevölkerung zu gewinnen), sondern auch um nicht mehr und nicht weniger als um eine emotionale Komponente, um dadurch die Volksnähe zu vermitteln.
Desweiteren, denke ich, dass es nicht darum geht, wie es deutsche Presse immer gern betonen will, um einen Machtkampf, sondern vielmehr um eine gut abgestimmte Teamarbeit, so will ich wenigstens hoffen, die es erlaubt, das Riesenschiff Russland einigermassen ohne zu grosse Verluste durch die wirtschaftlichen und politischen Klippen von Skylla und Charybdis hindurch zu manövrieren. Die Apparate mögen untereinander so viele Kriege führen und im Statusgerangel so viel miteinander zanken - die doppelte Führungsspitze darf es sich nicht erlauben, kann sich ja nicht leisten, sich von den Apparaten aufspielen zu lassen.


HESOFT 02.01.2010 - 22:27

Wirtschaftliche Entwicklung

So lange nicht in der Lage ist das westliche System - Generationenvertrag, Solidaritätspackt - zu übernehmen, kann es wirtschaftlich nicht überleben. Durch die Krise sind hunderttausende Menschen arbeitslos geworden. Sie sind im Grunde genommen der Garant des wirtschaftlichen Aufschwungs. Das Dilemma Russlands. Die Masse der Konsumenten kann auf lange Sicht den Wohlstand garantieren. Voraussetzung sind ein guter bis sehr guter Lebensstandard. Der Wohlstand beschränckt sich bis heute nur auf eine neue führende Klasse die eigentlich die alte Klasse darstellt. Russland geht jetzt einen sehr gefährlichen Weg, der gnadenlos in den Abgrund führen kann.



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