Montag, 24.01.2005
Kreml verliert letzte GouverneurswahlenSt. Petersburg. Am Sonntag haben die Bewohner des Nenzen-Gebietes über ihren neuen Gouverneur abgestimmt als letzte russische Bürger, die ihr Regionaloberhaupt noch selbst bestimmen durften. Die Entscheidung fällt im zweiten Wahlgang am 6. Februar. Doch der Kreml-Wunschkandidat ist bereits durchgefallen. Unterdessen stellte in Primorje der erste Regional-Chef die Vertrauensfrage an Putin.
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Der weder per Bahn noch Straße erreichbare „Autonome Kreis der Nenzen“ nordöstlich von Archangelsk gehört zu den Zwergen unter den 89 Föderationssubjekten Russlands: Nur knapp 30.000 Wähler sind hier registriert. Bislang machte das polare Territorium vor allem durch die Eskapaden seines bisherigen Gouverneurs Wladimir Butow Schlagzeilen: In St. Petersburg war lange ein zäher Prozess gegen ihn anhängig, weil er im Frühjahr 2003 einen Verkehrspolizisten schlug. Zwischenzeitlich gab es eigentlich ein ungeheuerlicher Vorgang sogar mal Haftbefehle gegen den Verwaltungs-Chef des Gebietes.
Am 6. Februar die endgültig letzten Gouverneurswahlen
Diesen Skandalen war es auch zu verdanken, dass Butow von der Wahl ausgeschlossen wurde. Als Ersatzkandidat stellte er zwar noch seinen Bruder auf, doch auch der fiel am Sonntag durch: Er kam auf nur 10 Prozent. Nicht viel besser schnitt der Wunschkandidat der Präsidentenverwaltung wie auch der Kreml-Hauspartei „Einiges Russland“, Alexander Schmakow, ab: Er scheiterte mit 16 Prozent. Wie schon zuvor in Pskow und Archangelsk wurde damit ein letztes Mal bewiesen, dass das bisherige System durchaus genug demokratischen Spielraum bot, um Kandidaten ohne Putins Segen in der Provinz zum Zug kommen zu lassen.
In die Stichwahl am 6. Februar und damit in die letzte direkte Gouverneurswahl der jüngeren russischen Geschichte gehen der ehemalige Föderale Inspektor Alexej Baranow und der Regional-Abgeordnete Igor Koschin, die beide knapp über 20 Prozent der Wähler für sich gewannen.
Erster Gouverneur von Kremlgnaden in Wladiwostok
Während also an der polaren Barentssee die zehn Jahre dauernde Epoche der mehr oder weniger demokratischen Wahlen russischer Regionaloberhäupter zu Ende geht, hat an der Pazifikküste die Nominierung nach Putins neuem Stil bereits begonnen: Sergej Darkin, der Gouverneur des Primorje-Gebietes mit Hauptstadt Wladiwostok, stellte als erster Amtsträger bei Präsident Wladimir Putin die Vertrauensfrage, obwohl seine Amtszeit noch bis Ende Juni läuft.
Der Kreml muss nun innerhalb einer Woche entscheiden, ob Darkin auch weiterhin Chef der Fernost-Provinz bleiben soll. Putins Wahl muss dann anschließend vom regionalen Parlament gut geheißen werden.
Darkin kam mit seiner Eingabe dem Beginn einer formellen Kandidaten-Umschau durch die Kreml-Verwaltung zuvor, bei der er sich mit politischen Konkurrenten um Putins Gunst hätte balgen müssen. Aber offenbar einigten sich Darkin und Putin bei einem Gespräch vor einer Woche darüber, die administrative Abkürzung über die Vertrauensfrage zu nehmen.
Zweifel, dass Putin sich noch für einen anderen Anwärter auf das Gouverneursamt entscheiden könnte, gibt es laut der Zeitung „Kommersant“ eigentlich nicht. Immerhin hat Primorje unter Darkin den Ruf der Chaos-Region weitgehend abgelegt: Die einst miserable Versorgung mit Wasser, Strom und Fernwärme funktioniere inzwischen weitgehend reibungslos, konnte Darkin im Kreml rapportieren.
(ld/.rufo)
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