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Donnerstag, 12.04.2001

Vor 40 Jahren – Gagarin 108 Minuten im All

St.Petersburg (ld). Heute vor 40 Jahren flog der erste Mensch ins Weltall. Der 108 Minuten dauernde Flug von Juri Gagarin an Bord des Raumschiffs "Wostok-1" eröffnete das Zeitalter des bemannten Raumflugs. Gagarin wurde weltweit wie ein Held gefeiert - und blieb bis heute die Symbolfigur für die ehemals überlegene russischen "Kosmonautik".

Trotz des gigantischen Aufwandes, den die Sowjetunion betrieben hatte, um in der jungen Disziplin Raumfahrt den USA voraus zu sein - die ersten Ausflug des Menschen ins Weltall und zurück hatten noch recht bodenständigen Charakter: Nicht irgendwelche Sowjet-Militärs empfingen am 12. April 1961 jenen Menschen, der soeben als erster die Erde und ihre schützende Atmosphäre verlassen und wieder heil zurückgekehrt war, sondern eine Kolchosbäuerin namens Anna Tachtarowa.

Erster Wunsch nach der Landung: Telefonieren

Die Begegnung fand auf einem Feld nahe der Wolga-Stadt Saratow statt: "Ich war sehr verwirrt, so seltsam war dieser Mensch angezogen, nicht wie bei uns. Und wie unerwartet war er erschienen, aus heiterem Himmel". Doch dann zeigte der Raumfahrer sein berühmtes Gagarin-Lächeln, die Bäuerin fasste sich ein Herz und bot dem vom Himmel Gefallenen Milch zu trinken an. Der lehnte freundlich ab und sagte, es wäre gut, wenn er irgendwo telefonieren könnte.

Auf diesen historischen Moment hatte die Sowjetunion lange hingearbeitet: 1957 hatte man mit dem "Sputnik" den ersten künstlichen Erdsatelliten ins All geschossen. 1959 erreichte eine Sonde den Mond. 1960 schließlich kehrten zwei Schlittenhunde heil aus dem Orbit zur Erde zurück.

Doch es war der aus 3000 Bewerbern herausgefilterte Militärpilot Juri Gagarin (Auswahlbedingung waren unter anderem eine Maximalgröße von 1,70 Meter und die Parteimitgliedschaft), der als erster Mensch das Ausbleiben der Schwerkraft am eigenen Leib verspürte. Per Funk beschrieb er seiner Leitstelle das Gefühl der Schwerelosigkeit als "angenehm" und "interessant", ganz ohne unangenehme Begleiterscheinungen.

Etwas später rief er voller Freude: "Alles schwimmt. Es schwimmt alles! Wie schön." Als Gagarin die Nachtseite des Globus durchflogen hatte, setzte er eine bezeichnende Meldung ab: "Ich bin aus dem Erdschatten ausgetreten."

Gagarins Geheimbericht: Ins Trudeln gekommen

Am nächsten Tag berichtete der während seines Fluges zum Major beförderte Gagarin in einem "streng geheim" erklärten Rapport, dass längst nicht alles so glatt gegangen war wie von der Sowjet-Propaganda schon weltweit verbreitet. Nach dem Ende des Bremsimpulses zum Wiedereintritt in die Atmosphäre trennte sich die Raumkapsel nicht wie geplant vom Aggregateträger. 10 Minuten lang wartete der Kosmonaut auf die Trennung, in dieser Zeit drehte sich das Raumschiff alle 12 Sekunden einmal um seine eigene Achse. Dann roch Gagarin, wie die Beschichtung der Kapsel verbrannte und er hörte mehrfach ein verdächtiges Knacken. Wieviel Glück wohl dazu gehörte, dass der erste Raumfahrer heil auf die Erde zurückkehrte?

Brigitte Bardot und die Queen himmeln ihn an

Nach dem sensationellen Flug wurde der 28jährige zum offiziellen Sympathieträger des Sowjetsystems im Ausland - und daheim zum Muster-Helden. Gagarin spielte mit, der Staat dankte es ihm mit einer Prämie von 15000 Rubeln "für die Angst", einer Vierzimmerwohnung mit jugoslawischen Möbeln in Moskau und einer Wolga-Limousine mit Chauffeur.

Brigitte Bardot brüstete sich mit einer Affäre mit dem Raumfahrer - nicht umgekehrt. Und selbst die englische Queen konnte es sich bei einem Empfang entgegen aller Etikette nicht verkneifen, den "Himmelssohn" anzufassen - obwohl dieser doch nur ein einfacher Bauernsohn aus der Kleinstadt Gshatsk im Gebiet Smolensk war.

Gagarin, zum lebenden Mythos hochstilisiert, kam mit dem Ruhm relativ gut klar: Freunde von damals beschrieben ihn als großen Possenreißer, der zwar etwas zu viel trank, aber trotz seiner Ausstrahlung auf Frauen nie weiter ging, als der Anstand es zuließ.

Doch dann starb Juri Gagarin den typischen frühen Tod eines Jugend-Idols: 1968 kam er beim Absturz einer MiG-15 während eines Trainingsfluges ums Leben. Die Unglücksursache wurden nie mit letzter Sicherheit aufgeklärt.

Gshatsk wurde daraufhin in Gagarin umbenannt - wo der bis heute lebendige allsowjetische Gagarin-Personenkult inzwischen eine neue Dimension erreicht hat: Am Dienstag wurde dort ein Denkmal für Gagarins Mutter eingeweiht.

40 Jahre danach: irdische Probleme

40 Jahre nach ihrem größten Triumph hat die russische Raumfahrtagentur ganz irdische Probleme: An allen Ecken und Enden fehlt das Geld. Soeben haben die Russen gegen den Widerstand der NASA den Flug des US-Krösus Dennis Tito zur neuen Internationalen Raumstation ISS durchgesetzt: 20 Millionen Dollar hat Tito dafür bezahlt. "Wir hoffen, dass Titos Flug der Anfang des Weltraum-Tourismus sein wird. Das verdiente Geld können wir in die Realisierung neuer Projekte stecken, von denen es bei uns genug gibt", sagt ein Sprecher der russischen Kosmos-Behörde. Beim Raketenbau-Konzern "Energija" klagt man zum "Tag der Kosmonautik", dass der Staat nur 15 Prozent der nötigen Finanzmittel bereitstellt - und dazu noch 1,9 Milliarden Rubel (140 Mio. Mark/110 Mio. Franken) für bereits geleistete Arbeiten schuldig ist.

Das Gagarin-Jubiläum fällt zudem in eine Phase der Ernüchterung für die bemannte russische Raumfahrt: Geldmangel und Altersschwäche erzwangen die Stillegung und Versenkung der Raumstation "Mir", die für 15 Jahre - dreimal länger als geplant - den Kosmonauten einen einmaligen Platz im Orbit sicherte.

Nun müssen die Russen sich mit 33 Prozent der Nutzungsrechte an der ISS zufrieden geben: Sie sind nur noch eine Nation unter vielen an Bord. Doch die "Kosmonautik" wäre keine russische Disziplin, wenn sie nicht trotz aller Widernisse neue große Pläne schmieden würde: Man spricht dieser Tage viel von der Notwendigkeit einer neuen, rein russischen Raumstation namens "Mir-2".

Und bis zum Jahr 2005 wollen die Russen das Projekt einer bemannten internationalen Mars-Mission spruchreif entwickelt haben. Eine vier- bis fünfköpfige Crew könnte die lange Reise zum "Roten Planten" dann zwischen 2016 und 2020 antreten. "Zur Besatzung wird kaum eine Frau gehören, aber sicher ein Arzt, der sowohl Chirurg als auch Psychologe ist", so ein führender russischer Raumfahrt-Wissenschaftler.


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Stolz präsentiert dieser Pope in der abgelegenen ostsibirischen Kleinstadt Tynda die Glocken seiner neu erbauten Kirche. (foto: Deeg/rufo)





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