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An dieser Bahnhofsuhr wird so schnell nichts mehr gedreht (Foto: ld/.rufo)
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Donnerstag, 25.03.2010

Sommerzeit ade? Medwedew dreht an der Uhr

Moskau. Dmitri Medwedew bezweifelt, dass es Sinn macht, jedes Jahr an der Uhr zu drehen. Die Abschaffung der Sommerzeit soll nun geprüft werden. Bei der Umstellung am Sonntag verschwinden in Russland zwei Zeitzonen.

Dmitri Medwedew erklärte gestern bei einer Beratung zu diesem Thema im Kreml, dass er „eine gigantische Zahl von Meinungen“ zur jährlichen Umstellung auf die Sommerzeit gehört habe – und keine sei positiv gewesen. Deshalb solle die Sinnhaftigkeit der zweimal jährlich kollektiv vorgenommenen Manipulation an der Uhr nun kompetent geprüft werden.

Allerdings müsse man sich in Russland auch im Klaren sein, dass man mit diesem Schritt aus dem eingespielten System der Zeitdifferenzen in der nördlichen Hemisphäre ausschere, gab Medwedew zu bedenken. Denn zu den 110 Staaten der Erde, die jährlich gemeinsam die Uhr umstellen, gehört ganz Europa und auch die USA.

Sommerzeit: Lausiger Spareffekt und jede Menge Nebenwirkungen


Medwedews Wirtschaftsberater Arkadi Dworkowitsch pflichtete seinem Chef bei: Die ökonomischen Effekte der jährlichen Umstellung in Form gesparter Energie seien längst nicht so einschneidend, wie man sich dies bei der Einführung der Sommerzeit-Umstellung erwartet habe. Bei der wissenschaftlichen Überprüfung werde es deshalb vor allem um die Auswirkungen der Uhren-Umstellung auf die Menschen gehen.

Russische Kritiker der Sommerzeit agitieren und argumentieren seit Jahren gegen die alljährliche Umstellung – und dies nicht nur, weil sich bekanntlich das liebe Vieh schwer tut, sich auf neue Melkzeiten einzustellen: „Wie unsere Analysen zeigen, wächst im Monat danach deutlich die Unfallhäufigkeit bei Untertage-Arbeiten und es erhöht sich die Krankheitszahl, vorrangig bei Herz- und Gefäßkrankheiten“, so der Gouverneur des sibirischen Gebietes Kemerowo, Aman Tulejew.

Zeitzonen-Korrektur ohne Umstellung


Dieses Jahr erfüllt die Sommerzeit-Umstellung für das Gebiet Kemerowo jedoch neben diesen medizinischen Nebenwirkungen noch einen guten Zweck: Sie wird dort – wie auch in vier weiteren russischen Regionen - genutzt, um das Gebiet völlig schmerzlos in eine andere Zeitzone einzugliedern.

Dabei verschwinden zwei der bisher elf in Russland existierenden Zeitzonen ganz. Außerdem verringert sich die Spanne der Zeitdifferenz zwischen dem östlichsten und dem westlichsten Punkt Russlands von bisher elf Stunden auf zehn.

Kamtschatka rückt eine Stunde näher


„In Moskau ist es 15 Uhr, auf Kamtschatka Mitternacht“ – diese seit Jahrzehnten Tag für Tag vom staatlichen Radiosender Majak benutzte Formulierung muss ab Sonntag ins Rundfunkarchiv gelegt werden: Die Zeitdifferenz zwischen der Hauptstadt und den östlichsten Landesteilen schrumpft nämlich von neun auf acht Stunden.

Die Gebiete Kamtschatka und Tschukotka stellen mit dem Segen der russischen Regierung nicht auf die Sommerzeit um, drehen dann aber im Herbst zusammen mit dem Rest des Landes die Uhren wieder zurück. Sie schließen sich damit der Zeitzone „Plus 8 Stunden gegenüber Moskau“) an, die bisher nur im Gebiet Magadan, auf den Kurilen und in den östlichsten Teilen Jakutiens galt.

Zeitinseln an der Wolga gehen unter


Ebenfalls verschwindet auf diese Weise von den Zeitkarten die Zeitzone „plus 1 Stunde gegenüber Moskau“, die zuletzt nur noch in den Regionen Samara und Udmurtien galt. Parallel zum Ural entsteht damit eine glatte Zeitgrenze, an der gleich ein Sprung von zwei Stunden gegenüber der Moskauer Zeit fällig wird.

Bei Russland-Aktuell
• Samara: Proteste gegen die Zeitangleichung an Moskau (15.03.2010)
• Sommerzeit: Vier Regionen drehen nicht an den Zeigern (17.03.2010)
• Uhrzeit-Korrektur: Sibirien rückt näher an Moskau heran (12.03.2010)
• Medwedew: Modernisierung ist eine Überlebensfrage (12.11.2009)
• Medwedew: Zeitzonen verringern, Sommerzeit abschaffen (12.11.2009)
Tulejews Gebiet Kemerowo, bisher vier Stunden vor Moskau gelegen, schließt sich der westsibirischen Zeitzone von Tomsk, Omsk, Nowosibirsk und dem Altaj-Gebiet an. Bisher war die Bergbau-Region mit Krasnojarsk in einer Zeitzone vereint.

Medwedews neuer "Zeitgeist"


Die Verringerung der Zahl der Zeitzonen innerhalb Russlands war von Medwedew im November selbst vorgeschlagen worden. Die feine zeitliche Zerstückelung des Landes sei ein unnötiger Kostenfaktor und ein Hindernis für die moderne kommunikative Vernetzung Russlands, hatte Medwedew in einer programmatischen Rede erklärt.

„In Russland gibt es Punkte, wo sich drei Zeitzonen treffen. Das heißt, in benachbarten Dörfern gibt es drei verschiedene Uhrzeiten“, erklärte der Duma-Abgeordnete Iwan Gratschow. Er gehört zu den Initiatoren einer Gesetzesinitiative im „Zeitgeist“ Medwedews, die bereits in die Duma eingebracht wurde. Sie sieht für Russland eine andere Zeitzonengliederung und die Abschaffung der Sommerzeit vor.

Unberechtigtes Vorbild Europa


Laut Gratschow sei es hinreichend, wenn es in Russland sechs bis sieben verschiedene Zeitzonen gebe. Und er nannte als leuchtendes Vorbild „ganz Europa, das nach mitteleuropäischer Zeit lebt“. Das stimmt so zwar nicht, denn auch innerhalb der EU gibt es nach wie vor drei Zeitzonen.

Aber es ist zugegebermaßen nicht so einfach, hier den Überblick zu bewahren. Nicht zuletzt deshalb fährt die russische Eisenbahn im Fernverkehr überall im Land nach Moskauer Zeit.


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Leser-Kommentare zu diesem Artikel (und Kommentare zu Kommentaren): ↓

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hamburg 27.03.2010 - 18:36

sommerzeit

macht nur 7 zeitzonen in russland,
dann können die langsamen beamten
innerhalb ihrer arbeitszeit russlandweit den gesamten apparat
erreichen. und keine umstellung


davai 25.03.2010 - 17:23

Genau!

... zurück zur Natur!


Matthias 25.03.2010 - 10:09

Schafft die Winterzeit ab

Mehr als im Titel habe ich nicht zu sagen ;)


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