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War Dmitri Kowtun der Polonium-Kurier - oder sogar der Täter? (Foto: RTVi7newsru.com)
War Dmitri Kowtun der Polonium-Kurier - oder sogar der Täter? (Foto: RTVi7newsru.com)
Montag, 11.12.2006

Polonium: Kowtun hinterließ Spuren in Deutschland

St. Petersburg. Im rätselhaften Mord-Fall Litwinenko ermitteln nun auch deutsche Behörden. Grund sind Polonium-Spuren, die dessen Kontaktmann Dmitri Kowtun vor seiner London-Reise in Hamburg und Umgebung hinterließ.

Die Hamburger Polizei ist sich inzwischen sicher, dass es sich bei der in der Wohnung von Kowtuns Ex-Frau in Ottensen festgestellten leichten Radioaktivität „definitiv um Spuren von Polonium-210 handelt“. Dort hatte Kowtun übernachtet, bevor er am 1. November zu dem offenbar verhängnisvollen Treffen mit dem im Londoner Exil lebenden russischen Ex-Agenten Alexander Litwinenko sowie seinem russischen Bekannten Andrej Lugowoj flog.

Litwinenko starb dreieinhalb Wochen später in London, weil das strahlende Polonium seine inneren Organe zerstört hatte. Die Ermittler von Scotland Yard haben inzwischen die „Tatwaffe“ in dem Vergiftungsfall ausgemacht: Es soll sich um eine Teetasse aus der Bar des Hotels Millenium handeln, wo sich die drei Russen damals trafen. Auch in der Geschirrspülmaschine der Bar seien Polonium-Spuren festgestellt worden, schreibt der Daily Telegraph.

Kowtun hinterließ Polonium-Spuren vor dem 1. November


Ihre deutschen Kollegen fanden Spuren des hochgiftigen Elements auch in einem BMW, mit dem sich Kowtun zuvor durch Hamburg bewegt hatte, auf seiner Akte, die er im Hamburger Ausländeramt am 30. Oktober in Händen gehalten hatte sowie auf dem Anwesen seiner Ex-Schwiegermutter in Haselau in Schleswig-Holstein.

Daraufhin leitete die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen Kowtun wegen „unerlaubten Umgang und Missbrauch von radioaktiven Stoffen“ ein. Kowtun liegt gegenwärtig in einer Moskauer Klinik. Sein Gesundheitszustand ist angegriffen: Nach Berichten von Freitag wurden bei ihm deutliche Anzeichen einer Strahlenkrankheit festgestellt. Offenbar ist Polonium-210 in seinen Verdauungstrakt geraten.

Bei Russland-Aktuell
• Kowtun zweites Polonium-210-Opfer nach Litwinenko (08.12.2006)
• Litwinenko-Mord: Russland eröffnet eigenes Verfahren (07.12.2006)
• Litwinenko-Mord: Wurde Lugowoj hereingelegt? (07.12.2006)
• Britischer Geheimdienst: FSB hat Litwinenko vergiftet (06.12.2006)
Die Entdeckungen in Deutschland haben Kowtun vom Zeugen und möglichen unschuldigen Opfer des Giftmord-Anschlages auf Litwinenko zu einem mutmaßlichen Tatbeteiligten gemacht. Die Spuren legen nahe, dass Kowtun das Polonium „außerhalb seines Körpers“ über Hamburg nach London transportierte, so die deutschen Ermittler. In dem Germanwings-Flugzeug, mit dem er nach England flog, wurden allerdings keine Spuren gefunden. Die Maschine sei aber zwischenzeitlich gründlich gereinigt worden, schreibt Spiegel-online.

Kowtun hatte sich schon 1991 in Deutschland niedergelassen, wo er bis vor kurzem auch verheiratet war. Nach eigenen Angaben arbeitet er als Berater für westliche Unternehmen, die in Russland aktiv werden wollen.

Lugowoj-Verhör immer noch nicht zustande gekommen


Ermittler von Scotland Yard, die sich in Moskau aufhalten, haben Kowtun bereits zweimal vernommen. Bislang nicht zustande gekommen ist allerdings eine Vernehmung von Andrej Lugowoj, der ebenfalls angeblich mit Strahlensymptomatik in einer Moskauer Klinik liegt. Auch Lugowoj hat strahlende Spuren an mehreren Orten hinterlassen, wo er sich aufhielt. Nach eigenen Angaben hat er Polonium-Belastungen sogar unwissentlich auf seine Ehefrau und seine Kinder übertragen.

Unter den jetzt gegebenen Umständen ist nicht auszuschließen, dass Lugowoj und Kowtun Erfüllungsgehilfen oder sogar unmittelbare Täter in dem Fall waren. Die Gefährlichkeit des bislang noch nie als Gift eingesetzten Poloniums war ihnen womöglich aber nicht bewusst – so dass sie selbst ihrer Gesundheit damit Schaden zuführten.

Sakajew zu Kooperation mit russischen Fahndern bereit


Der ebenfalls in London lebende und mit Litwinenko eng befreundete Emissär der tschetschenischen Separatisten Achmed Sakajew erklärte unterdessen, er sei bereit, sich „mit jedem zu treffen, der eine objektive Aufklärung des Falles betreibt. Er schloss dabei auch russische Ermittler ausdrücklich nicht aus.

Trepaschkin zeichnet FSB-Komplott


Der in einem russischen Gefängnis einsitzende Michail Trepaschkin, ebenfalls ein ehemaliger FSB-Mitarbeiter, hat in mehreren aus der Haft herausgeschmuggelten Briefen angeblich die FSB-Führung beschuldigt, eine „sehr ernst zu nehmende Gruppe“ aufgestellt zu haben, die abtrünnige Ex-Agenten wie Litwinenko verfolgen und liquidieren soll. Einer dieser Agenten sei nun offiziell an der Aufklärung des Falles beteiligt und arbeite mit Scotland Yard zusammen, warnte er die Briten.

Wie der „Sunday Telegraph“ berichtet, nannte ihr Trepaschkin auch den Namen eines FSB-Mannes, der beim Mord an Litwinenko eine maßgebliche Rolle gespielt haben soll. Es handele sich dabei um einen der vier Männer, die 1998 auf einer Pressekonferenz erklärt hatten, sie hätten einen Befehl zum Mord an Boris Beresowski erhalten. Unter diesen vier war auch Litwinenko gewesen, der später zu Beresowski „überlief“. (ld/rufo)


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