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Jetzt bekam das Epizentrum des Konflikts Besuch aus dem Kreml - Kinderheim Phoenix (Foto:Packeiser/.rufo) |
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Dienstag, 20.12.2005
Jugendamt gegen Kinderheim - Zivilgesellschaft hilftMoskau. Miliz verschleppte im Auftrag des Jugendamtes 16 Kinder. Ergebnis: Epilepsieanfälle, Lungenentzündung, Erkältung. Jetzt setzen sich Nachbarn, Lehrer, Ärzte und sogar der Kreml für das Kinderheim „Phoenix“ ein.
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Im Dorf Rogatschowa kann sich niemand daran erinnern, dass ein Kreml-Vertreter schon einmal den Weg in das verschlafene Nest gefunden hätte, auch wenn die Kremladministration im Landkreis Dmitrow eine Datscha und Ski-Piste für Putin unterhält.
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Die Kinderrechtsbeauftragte Putins, Natalia Jakowlewa tauchte jedenfalls am Dienstagvormittag mit ihrem schwarzen Dienst-Wolga für alle Beteiligten überraschend in dem verschneiten Dorf auf, um sich das private Kinderheim „Phoenix“ anzuschauen, das in den vergangenen Tagen in die Schlagzeilen geraten war.
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„Schlimm, schlimm“, konstatiert die Kinderbeauftragte anschliessend. „Aber noch viel schlimmer ist es auf dem Bahnhof.“
Der Streit um „Phoenix“ ist deswegen ein Modellfall, weil hier private Spender aus Deutschland russischen Privatpersonen helfen, auf eigene Initiative obdachlose Kinder von der Straße zu holen. Das Kinderheim leistete, was Jugendämter und Behörden in Russland oft nicht schaffen.
In der Duma wird gegenwärtig über ein NGO-Gesetz diskutiert, dass Bürgerinitiativen, gemeinnützige Vereine und Stiftungen und deren ausländische Sponsoren unter verschärfte Kontrolle stellen soll.
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Phoenix ist ein Modellfall für die Diskussion um das NGO-Gesetz
Am vergangenen Mittwochmorgen hatten im Auftrag des Kreis-Jugendamtes Milizionäre das Kinderheim umzingelt und 16 Kinder zum Teil mit Gewalt in verschiedene staatliche Jugendheime und Krankenhäuser weggeschafft. Es habe „Gefahr für Leben und Gesundheit“ der Kinder bestanden, heisst es in einem Schreiben der Behörde, das aber nicht unterzeichnet ist.
Tatsächlich scheint eher die brachiale Räumungsaktion gesundheitsgefährdend zu sein. Vier kleine Kinder, die im Nachthemd aus dem Jugendheim abtransportiert wurden, liegen inzwischen im benachbarten Krankenhaus. Bei einem der Mädchen wurde eine Lungeentzündung festgestellt. Die anderen sind erkältet und haben Fieber obwohl sie bei der Einlieferung vor einer Woche noch fieberfrei waren.
Einem Jungen, der unter epileptischen Anfällen leidet, verboten die Behördenvertreter, seine Tabletten mitzunehmen. Der Junge hat inzwischen schon den zweiten Epilepsie-Anfall erlitten.
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Jugendamt bleibt hart, Kinderheimleiter muss zur Staatsanwaltschaft
Kreis-Jugendamtleiterin Jelena Morosowa bleibt trotzdem hart. Das Heim habe wegen Platzmangel geräumt werden müssen, erklärt sie in einem TV-Interview. Öffentliche Unterstützung erfahren aber nicht die Behörden, sondern die Straßenkinder. Der Straßenkinderverein „Phoenix“ will notfalls auch vor Gericht gehen, um die Räumung rückgängig zu machen. Zuerst wurde allerdings Kinderheimleiter Maxim Jegorow zur Zeugenaussage zur Staatsanwaltschaft in die Kreisstadt geladen.
Inzwischen setzen sich auch Nachbarn, Lehrer und Ärzte für „ihre“ Kinder ein. Mit einer Unterschriftensammlung fordern die Dörfler von ihrer Kreisverwaltung, die Kinder wieder zurückzubringen.
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Bürgersinn und aufrechter Gang in der russischen Provinz
Und obwohl die Kreisverwaltung den Lehrern der Dorfschule bei Strafe der Entlassung verboten hatte, sich in den „Fall Phoenix“ einzumischen, machten sich am Dienstagmorgen die Klassenlehrerin, die Schuldirektorin und der Leiter der Dorfverwaltung mit Keksen und Pralinen bewaffnet gemeinsam auf den Weg in die Kreisstadt, um „ihre“ Kinder zu besuchen.
Die Auseinandersetzung im Dorf Rogatschowa ist ein Beispiel dafür, dass auch in der russischen Provinz und auf dem Lande viel an Bürgersinn und aufrechtem Gang erhalten ist. Manchmal eben auch mit Rückendeckung der „großen“ Öffentlichkeit und des Kreml.
(gim/.rufo)
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