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Trübsal und Tristesse: Viele jungen Russen möchten ihr Heil lieber im Ausland suchen (Foto: ld/.rufo)
Trübsal und Tristesse: Viele jungen Russen möchten ihr Heil lieber im Ausland suchen (Foto: ld/.rufo)
Freitag, 25.11.2011

„Flucht vor Putin“: Lässt sich die Emigration bremsen?

Moskau. Unter Putin sehen viele junge Russen keine Chance zur eigenen Verwirklichung. Deshalb verlassen jedes Jahr Zehntausende Russland. Die Abwanderung soll vor Putins erwartetem Wiedereinzug in den Kreml gebremst werden.

Die nahende Rückkehr des russischen Regierungschefs Wladimir Putin in den Kreml ist für den 27-jährigen Alexej ein Graus. «Dann wandere ich aus», kündigt der Computerfachmann an. Wie Alexej denken viele junge Russen, die keine Karriere im Staatsdienst anstreben. Vor der Parlamentswahl am 4. Dezember machen sich Zorn und Verzweiflung über die Staatsführung breit. Medien sprechen von einer regelrechten «Flucht vor Putin».

«Wir werden von A bis Z belogen», schimpft Oksana (32), die wie viele andere ihren richtigen Namen nicht nennen will. Unfaire Wahlen, keine Möglichkeit zur Selbstverwirklichung, hohe Inflation, Korruption, steigende Lebensmittelpreise, sinkende Löhne - die Missstände, die Oksana aufzählt, sind immens.

Doch vor allem die Furcht, noch Jahre von dem Machttandem aus Putin und dem derzeitigen Kremlchef Dmitri Medwedew regiert zu werden - ohne Aussicht auf Wandel, wie in der arabischen Welt -, treibt gut ausgebildete junge Leute in die Ferne.

Jeder Fünfte würde gerne emigrieren


In einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungszentrums Lewada gaben im Oktober 22 Prozent der Befragten an, auswandern zu wollen. Das sind doppelt so viele wie zum Ende der Sowjetunion.

Mit etwa 143 Millionen Einwohnern ist die Bevölkerung des größten Flächenstaats der Erde ohnehin gering. Allein in den vergangenen Jahren sind Schätzungen zufolge etwa eineinhalb Millionen Menschen emigriert. Nun will die Regierung gegensteuern.

Eine Agentur soll hellen Köpfen Hoffnung machen


Die Gefahr einer Auswanderung junger Leistungsträger sei erkannt, sagt Andrej Nikitin, der Leiter der Moskauer Agentur für strategische Initiativen. Putin selbst sagte über die von ihm unlängst ins Leben gerufene Agentur, dass «zusätzliche Strukturen geschaffen werden müssen, damit junge und interessierte Leute mit Perspektive ihre Ideen und Vorschläge verwirklichen können».

Bei Russland-Aktuell
• Russland kämpft mit höchster Auswanderung seit 1917 (17.11.2011)
• Wissenschaftler-Demo gegen Bürokratie und Mangel (13.10.2011)
• Russland hat zweitgrößte Gastarbeiterzahl der Welt (10.11.2010)
• BP stoppt Investitionen im Innovationsprojekt Skolkowo (28.09.2011)
• Putin: Protest-Camps sind auch in Russland möglich (17.10.2011)
In dieselbe Kerbe haut auch Medwedew, der stets eine Modernisierung verspricht: «Das Problem ist, dass wir Bedingungen für die Arbeit in der Heimat schaffen müssen», sagte der Präsident kürzlich.

Die Agentur habe die Aufgabe, diesen gut ausgebildeten Menschen, die am russischen System verzweifeln, zu helfen, sagt Nikitin bei einem Gespräch mit der Presse. Russland werbe auch gezielt darum, abgewanderte Landsleute wieder in die Heimat zu locken. Gegen eine vertragliche Verpflichtung, im Staatsdienst zu arbeiten, gebe es etwa die Möglichkeit, Ausbildungskosten zurückzuerhalten.

Wissenschaftler sind die Avantgarde der Auswanderer


Als ein Vorzeigeprojekt des Staates gilt das neue Innovations- und Technologiezentrum Skolkowo bei Moskau, wo künftig die klügsten Köpfe die Modernisierung des Landes vorantreiben sollen. Allerdings denken weiter viele Wissenschaftler daran, ihr Glück lieber im Ausland zu suchen.

In der Forschung sei die Auswanderung von Wissenschaftlern klar spürbar, schrieb die Zeitung «Kommersant» in einer Analyse zum Thema.

Biologen, Mathematiker und Physiker beklagen schlechte soziale Bedingungen in Russland, überbordende Bürokratie und die undurchsichtige Vergabe von Forschungsmitteln in einem durch und durch korrupten Wissenschaftsbetrieb. «Von denen, die heute die Möglichkeit haben, im Ausland zu arbeiten, verlassen 100 Prozent das Land», sagte der prominente Biologe Ilja Kolmanowski der Zeitung.

«Ich möchte nicht, dass mein Kind in diesem Land aufwächst», sagt der Moskauer Alexander zwar. Doch Geld für die Auswanderung fehlt dem 37-Jährigen.

Die Konsequenz: Er zieht sich ins Familienleben zurück - und über das Wochenende geht es raus aufs Land in die kleine Datscha. Vielen bleibt eben nichts anderes übrig als die innere Emigration.

(Benedikt von Imhoff und Ulf Mauder, dpa)


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harald 04.12.2011 - 22:06

das wundert mich nicht

Wer sich zum Thema Demokratie und Menschenrechte bemerkbar kritisch äußert wird weggesperrt oder kriegt Nazischläger auf den Hals gehetzt.
Sexismus und Unterdrückung Andersdenkender von staatlicher Seite nichts ungewöhnliches.
Da sind geringe Löhne und schlecht funktionerendes Sozialsystem wahrscheinlich noch nicht mal das schlimmste.
Da wöllte ich auch nicht wohnen müssen.


Baumfreundin 01.12.2011 - 22:29

Rusland

Die werden sich noch wundern wenn sie auf die westliche Propaganda reingefallen sind! Spitzen leute bekommen sicherlich in den USA Spitzengehalt , aber wer ist wirkliich spitze ?


Paulsen-Consult 25.11.2011 - 18:39

Kein spezifisch russisches Problem

Der \"war for talents\" ist ein internationales Phänomen. Fachkräfte gehen dahin, wo sie gute Bedingungen vorfinden. Meiner Meinung nach eine äußerst positive Entwicklung, weil sie Gesellschaften zwingt, verbesserte Rahmenbedingungen für Entwicklung auf den Arbeitsmärkten zu schaffen. Dieses Problem hat übrigens auch Deutschland. Allerdings würde keiner auf die Idee kommen, zu schreiben: \"Die Deutschen fliehen vor Merkel!\" Wie auch immer. Das Problem des Ärztemangels ist in Deutschland schon so brisant, dass die Bevölkerung schon Maßnahmen der Zwangsansiedlung von Ärzten auf dem Lande diskutiert. Im Osten möchten viele gern zur staatlichen Gesundheitsversorgung zurück, weil in den neuen Bundesländern die Arztdichte bedenklich abnimmt. Derweil haben Industrie und Handel eher das Luxusproblem, dass sie die Absolventenjahrgänge durchsieben und den Rest auf alle Zeit verwerfen. So wird heftig über Fachkräftemangel geklagt, während auf der anderen Seite 60-80% eines Jahrganges als Müll deklariert wird. Die Kriterien der Verwertbarkeit von Humankapital in der westlichen Wirtschaft sind grausam. Insbesondere in den Ingenieurs-Berufen und in den schwächeren Bildungsschichten.


ML_89 25.11.2011 - 16:54

Ach was die nicht gerne alles tun würden(die sog. Emigranten),immer das gleiche Geschwafel...


jich 25.11.2011 - 15:37

Hmm der Link wurde falsch gepostet. Der funktioniert:\\r\\n\\r\\n https://upload.wikimedia.org/wikipedia/ru/b/b2/EMIMRF19932009.png


jich 25.11.2011 - 15:06

dpa mal wieder

Hat mich schon gewundert, wieso www.aktuell.ru bei der Panikmache mitmacht.Vor allem die Überschrift suggeriert ein verzerrtes Bild eines Putin, der seine eigene Bevölkerung aus dem Land verjagt...

Die Fakten sind dagegen deutlich weniger reißerisch:

https://secure.wikimedia.org/wikipedia/ru/wiki/Ôàéë:EMIMRF19932009.png

rot: Auswanderer
blau: Einwanderer
Nebenbei bemerkt ist Russland nach den USA die weltweite Nummer 2 in Einwanderungszahlen...

Und an die Redaktion eine kleine Kritik: Warum sollten dpa-Artikel in die Rubrik \"UNABHÄNGIGE Berichterstattung AUS Russland\" gehören? Die werden doch massenweise kopiert und in Deutschland in jedem Dorfblatt wortwörtlich abgedruckt...


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