Kommentare, Glossen, Hintergründiges
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06-01-2004 Schlagseite |
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Neulich in der Metro: Hart, aber herzlich
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Moskau. In Moskau lebende Ausländer können sich zuweilen über das ein oder andere Relikt aus Sowjetzeiten wundern. Zum Beispiel über die häufige schlechte Laune von Verkäuferinnen oder sonstigen Angestellten des Dienstleistungsbereiches. Wie erfrischend war es da bei einem Urlaub in heimatlichen Gefilden, auf Beschäftigte zu treffen, denen trotz des vorweihnachtlichen Stresses und der Sorge um den Arbeitsplatz noch nicht das Lächeln vergangen ist.
Zurück in Moskau hielt die Megalopolis einen typischen Empfang für mich bereiht: „Für den großen Koffer müssen sie eine extra Fahrkarte lösen“, keifte die Aufsichtsperson am Metroeingang. Was tun, wenn das Rubel-Portemonnaie in den Untiefen eben dieses Koffers verborgen liegt?
Die extra für das Ticket eingesteckte zehn Rubel reicht nicht für zwei Fahrscheine. Ich versuchte Mitleid bei der alten Frau zu erregen: „Das wusste ich nicht. Ich habe kein Geld mehr“. Doch ihre Antwort war ein einziges Grummeln: „Wenn ihr Ausländer hierher kommt, meint ihr, nichts bezahlen zu müssen.“ Was tun? Den Koffer öffnen und am Eingang zur Metro zwischen Wäsche, Büchern und sonstigem Kleinkram nach dem Portemonnaie wühlen?
Hier erledigte sich jede weitere Überlegung. Die Kontrollschranke war mit einem entschlossenen Schritt überwunden. „Ich hab doch sonst auch nie für den Koffer bezahlen müssen“, rechtfertigte ich mich und blieb einen Moment in Erwartung der gerechten Strafe stehen. „Ja, ja, ist ja gut“, schrie die Kontrolleurin und ihr Tonfall besagte deutlich: „hau bloß ab“. Herzlich Willkommen zu Hause, dachte ich - in Russland, ihrem Dienstleistungsparadies.
(sp/rufo) |
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