Von Lothar Deeg, St. Petersburg. Jahrzehntelang standen hier nur Grenzsoldaten auf ihrem höchst einsamen Posten und zählten Schiffe. Jetzt soll die Insel Gogland, ein russischer Vorposten weit in der Ostsee, mit neun Millionen Dollar Investitionen zu einem Touristenziel ausgebaut werden. Das weltvergessene Eiland zwischen Finnland und Estland lockt mit wilder, unberührter Natur.
Erstaunlich, dass es selbst in einem europäischen Binnenmeer wie der Ostsee noch unbekannte Inseln zu entdecken gibt. Im Falle Goglands - nicht zu verwechseln mit der vielfach größeren schwedischen Insel Gotland - zumindest so gut wie unbekannt, denn die 11 Kilometer lange und drei Kilometer breite Insel war bisher Grenzzone und damit militärisches Sperrgebiet. Auf den meisten Russland-Karten ist die Insel nicht zu finden, denn sie liegt weit abseits vom Mutterland 180 Kilometer vor St. Petersburg, genau zwischen der estnischen Stadt Kohtla-Järve und dem finnischen Kotka. Auf deutsch heißt die geheimnisvolle Insel „Hochland“ – nicht von ungefähr, denn ihr höchster Berg ragt eindrucksvolle 176 Meter aus der Ostsee.
Obwohl die schroffe Insel seit 1743 zu Russland gehört, ist sie eher bei den Finnen unter dem Namen Sur-Sari bekannt. Nach 1917 kam Gogland zum unabhängig gewordenen Finnland, wurde im Zweiten Weltkrieg dann erst von den Sowjets, dann wieder von den Finnen besetzt und fiel 1944 wieder an Russland. Vorübergehend unterhielt die Rote Armee dann auf der Insel einen Flugplatz und eine Radarstation. Vor dem Krieg gab es auf Gogland zwei finnische Dörfer, deren Bewohner von Fischerei und Robbenjagd lebten und sich als Seefahrer einen Namen machten.
Zuletzt hielten sich immer nur etwa 20 Menschen ständig auf dem Eiland auf - russische Grenzsoldaten und Leuchturmwärter. Landwirtschaft wurde nicht betrieben, weshalb die Insel bis auf einige Ruinen weithin naturbelassen ist. Doch seit kurzem herrscht auf Gogland wieder Betriebssamkeit: Im Auftrag der russischen Firma „Kinex-Holding“ wird gegenwärtig ein 25 Hektar großes Areal von Militärschrott gereinigt und rekultiviert. Eine halbe Million Dollar hat das Unternehmen bereits in das von der Armee geräumte Pachtland investiert. Entstehen soll hier ein Yachthafen mit Grenzposten, eine Basis für Taucher sowie ein „finnisches Dorf“ aus Hölzhäuschen, in dem man Touristen mit rustikalem Komfort verwöhnen will.
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Im Internet |
• Gogland in Text und Bild (russ.)
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Im Sommer Segelsport und Tauchexpeditionen zu Schiffswracks, im Winter Sauna und Eisangeln sowie rund ums Jahr reichlich russischer Wodka, so etwa sollen die Attraktionen des von Klippen wie Sandstränden umsäumten wildromatischen Eilands mit seiner eigenartigen Flora aussehen. Auch hoffen die neuen zivilen Hausherren neben Seglern und Naturfreunden auch auf einen gewissen Anteil finnischer „Heimweh-Touristen“ unter den Gästen. Und zur Begrüßung dürfte sicherlich immer ein russischer Poet bereit stehen, um Puschkin zu deklamieren. Denn der russische Nationaldichter hat, so behauptet jedenfalls die für Goglands Entwicklung zuständige Regierung des Leningrader Gebietes, das einsame baltische Eiland als „Insel Bujan“ in seinem bekannten „Märchen über den Zar Saltan“ verewigt. (ld/rUFO)
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