Von Karsten Packeiser (Moskau). Der Medienmagnat Boris Beresowskij hat in London Auszüge aus einen Dokumentarfilm vorgeführt, der beweisen soll, dass die Terroranschläge auf russische Wohnhäuser im Herbst 1999 vom russischen Geheimdienst FSB geplant wurden. Die Moskauer Presse beurteilt Beresowskijs Medienauftritt eher zurückhaltend, denn die Anschuldigungen gegen den FSB sind nicht wirklich neu.
Alle Verschwörungstheorien, die nicht tschetschenische Terroristen, sondern den Geheimdienst für die Bombenanschläge auf die Wohnblocks in Moskau und Wolgodonsk verantwortlich machen, kreisen um einen mysteriösen Vorfall in der zentralrussischen Stadt Rjasan. So auch der Dokumentarfilm der beiden Franzosen Alan Hatchen und Jean-Charles Deniau. Der Film basiert in Vielem auf unseren journalistischen Recherchen, sagte auch Dmitrij Muratow, Chefredakteur der Moskauer Nowaja Gaseta zu www.Aktuell.ru.
In Rjasan hatten Bewohner eines weiteren Hauses ebenfalls Säcke mit verdächtigem weißen Pulver entdeckt, die der FSB eilig evakuieren ließ. Später hieß es von offizieller Seite, es habe sich um eine Wachsamkeitsübung mit einer Spengstoffattrappe gehandelt. Eine Reihe von Indizien sprechen jedoch dafür, dass sich in den Säcken wirklich Hexogen-Sprengstoff befand und der FSB die Untersuchung des Vorfalls anschließend mutwillig vertuschte. Auch mehrere Experten in dem Dokumentarfilm bestätigten, dass es sich in Rjasan um einen echten Sprengsatz handelte. Das wäre wirklich eine neue Wendung in der Geschichte, so Muratow.
Auf seiner Pressekonferenz in der britischen Militärakademie stellte Beresowskij auch einen Zeugen für seine Version des Geschehens vor. Der früherere Direktor des Sprengstoffzentrums Roskonverswsrywzentr und FSB-Mitarbeiter Nikita Tschekulin gab an, er verfüge über Dokumente darüber, wie FSB-Agenten Sprengstoff aus Armeebeständen entwendet hätten. FSB-Chef Nikolai Patruschew persönlich habe damals Ermittlungen in dem Fall verboten.
Sollte der Geheimdienst wirklich hinter dem Bombenterror stehen, dann werfe dies auch ein ganz anderes Licht auf den Beginn des zweiten Tschetschenienkrieges und den Wahlsieg Putins, meint der Finanzmagnat. Putin, den Beresowskij zunächst über die von ihm kontrollierten Medien selbst massiv unterstützt hatte, sei auf einer Woge der Kriegshysterie in das höchste Staatsamt gelangt und könne kaum noch als legitimer Präsident betrachtet werden.
Während der FSB es ablehnte, mit Beresowskij zu polemisieren, hat die russische Staatsanwaltschaft dem Finanzmagnaten zeitgleich mit dessen Filmvorführung einen weiteren Schlag versetzt. Beresowskij habe nicht nur die tschetschenischen Rebellen finanziert, sondern auch ganz konkrete Operationen der Kampfgruppen, so die Entführung des russischen Generals Gennadij Spigun aus einem startenden Flugzeug auf dem Flughafen von Grosny und den Mudschaheddin-Überfall auf Dagestan im Sommer 1999. Die russischen Ermittler hoffen, den flüchtigen Ex-Oligarchen demnächst auch über Interpol zur weltweiten Fahndung ausschreiben zu können. Dann würden für Beresowskij auch in London ungemütliche Zeiten anbrechen.
Sie entwickelt sich, die Zivilgesellschaft in Russland! Sogar im Kreml und im Fernsehen. Hier antiautoritäre Hinterbänkler aus der Regierungspartei Einiges Russland während der Putin-Rede. (Foto: ORT)
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