rUFO/abc/gim). Nach der Schließung der Wahllokale in Jakutien gestern abend war die Situation für Wjatscheslaw Schtyrow heikel. Der als absoluter Favorit geltende Direktor des Diamantenkonzerns „Alrossa“ (30% der Weltproduktion) lag bei der Auszählung stabil auf Platz zwei. Am Morgen aber war für den Diamantenkönig die Welt doch wieder in Ordnung: Im zweiten Wahlgang haben 59,4 Prozent der Wähler für ihn gestimmt, meldet die Wahlkommission aus Sibirien. Kreml-Kandidaten siegten auch in Adygej und Kabardino-Balkaria im Nordkaukasus. Der Jakutische Gegenkandidat Tumussow, der bei der Auszählung erst noch um drei Punkte vor Schtyrow lag, erreichte schliesslich 34,6 Prozent der abgegebenen Stimmen. Für ihn hatten vor allem Menschen aus Dörfern und kleinen Städten gestimmt. Den Ausschlag für Schtyrow gaben vor allem die Wähler aus den großen Städten, aus dem Diamantengebiet Mirny (97,4 Prozent der Stimmen) und aus dem Gebiet Lensk, das im vergangenen Frühjahr stark unter einer Überschwemmung gelitten hat. Die Wahlbeteiligung war für die russischen Verhältnisse außerordentlich hoch – 71,7 Prozent. Jedoch waren die Mittel, mit denen die Bürger der autonomen Republik Sacha (so heißt Jakutien in der Landessprache), in die Wahllokale gelockt wurden, typisch russisch: Ihnen wurden Lebensmittel zu viel niedrigeren Preisen als auf dem Markt verkauft. In Jakutsk verteilte die Stadtverwaltung in den Wahllokalen Gutscheine für Gas- und Stromrechnungen im Wert von 150 Rubel (ca. 5,5 Euro). Gleichzeitig wurde als Hauptgewinn für die Urnengänger ein PKW Marke Wolga verlost. Trotzdem scheint es nicht nicht besonders wahrscheinlich, dass Tumussow das Wahlergebnis anfechten wird. Die Wahlkampagne war von Anfang an schon von Skandalen und Gerichtsverhandlungen begleitet gewesen, in die sich auch Moskau massiv einmischte. Der stellvertretende Generalstaatsanwalt Kalmagorow, der jakutischer Abstammung ist, meldete seine Kandidatur ebenfalls an, zog sich dann aber doch überraschend zurück, nachdem er den bisherigen Amtsinhaber Nikolajew zum Rücktritt gezwungen hatte. Von vielen Beobachter werden hochkarätige politische und wirtschaftspolitische Interessen hinter den Kulissen des Wahlkampfes vermutet. Die Republik Jakutien bzw. der Konzern Alrossa fördert fast alle russischen Diamanten und damit etwa 30 Prozent des Weltmarktangebotes. Jakutien verkauft jährlich für 1,1 Milliarde Euro Rohdiamanten plus Brillianten für 222 Millionen Euro. Hauptpartner auf dem Weltmarkt ist der Diamantenkonzern De Beers. Der bisherige jakutische Präsident Nikolajew galt als Mann Jelzins. Einen neuen Präsidenten bekam am Wochenende auch die Republik Adygej im Nordkaukasus, zu der auch der wunderschöne Hochgebirgs-Nationalpark im Kaukasus gehört. Bei den Wahlen in Adygej siegte in der ersten Runde der politische Newcomer und Unternehmer Charet Sowmen. Nach vorläufiger Stimmenauszählung ereichte Sowmen, Direktor des Goldförder-Artels „Poljus (Pol)“, 68,8 % (147.000) der Wähler. Der seit zehn Jahren amtierende bisherige Präsident Aslan Dscharimow bekam überraschend nur zehn Prozent der Stimmen. Anders in der benachbarten Republik Kabardino-Balkaria. Dort siegte Uralt-Amtsinhaber Walerij Kokow mit 87,9 %. Sein Gegner, der General Muchamed Batyrow erreichte nur 7,7 %. Kokow tritt damit seine dritte Amtszeit an. Der Vorsitzende der Wahlkomission erklärte, erstmals seien die Wahlen „demokratisch und alternativ“ verlaufen. Kokow gilt als Stabilitätsgarant in Kabardino-Balkaria, das bisher von ethnischen und religiösen Konflikten weitgehend verschont blieb. Es sieht so aus, als ob bei allen drei Provinz-Wahlen die Kandidaten des Kreml gewonnen hätten.
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