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23-12-2004 Politik |
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Afghanistan-Einmarsch: Das Desaster am Hindukusch
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Von Karsten Packeiser, Moskau. Die Kreml-Führung fällte die Entscheidung nach etlichen Krisensitzungen im Dezember 1979: Ein kleines Truppenkontingent sollte im südlichen Nachbarland Afghanistan einrücken, um in der sozialistischen Republik einen Moskau genehmen Präsidenten an die Macht zu bringen. Warnungen, dass der Krieg zu einem Vietnam der Sowjetunion werden konnte, schlugen die Führer der Kommunistischen Partei in den Wind.
In Afghanistan hatte sich 1978 die kommunistische Demokratische Volkspartei an die Macht geputscht. Doch die sozialistische Revolution stand von Anfang an unter keinem guten Stern: Gegen die religionsfeindliche Führung hatte sich Widerstand unter der meist streng gläubigen Bevölkerung formiert. Die Revolutionare verstrickten sich nach der Machtübernahme in blutige Fraktionskämpfe.
Keinen afghanischen Pol Pot zulassen
Am 27. Dezember vor 25 Jahren rückten sowjetische Luftlandeeinheiten in der afghanischen Hauptstadt Kabul ein. Eine Spezialtruppe stürmte den Präsidentenpalast und tötete den selbstherrlichen Machthaber Hafizullah Amin. Von ihm fürchteten die Sowjets, er würde Afghanistan mit ähnlich barbarischen Methoden zum Kommunismus führen wie zuvor Pol Pot Kambodscha. Als sein Nachfolger wurde Babrak Karmal als Präsident installiert.
Die Sowjetunion wollte das sozialistische Afghanistan stabilisieren. Nach dem NATO-Doppelbeschluss zur Stationierung amerikanischer Atomraketen in Europa war die Kreml-Führung der Meinung, ein Einmarsch im Nachbarland könne das ohnehin schlechte Ost-West-Verhaltnis kaum noch zusätzlich belasten.
US-Strategen hatten richtig erkannt, dass ein zermürbender Stellvertreterkrieg am Hindukusch helfen würde, die Sowjetunion in die Knie zu zwingen. Die USA sparten nicht an Geldern für die Mudschaheddin. Sie rüsteten die in Pakistan ausgebildeten und motivierten Kämpfer aus, auch aus den Golfstaaten kam Unterstützung.
Auf einen zermürbenden Guerilla-Krieg war die Armee der Supermacht nicht vorbereitet. Immer wieder erlitten die sowjetischen Truppen hohe Verluste. Aber in den sowjetischen Medien waren Berichte über tote und verkrüppelte Soldaten lange tabu. Erst nach Beginn der Politik der neuen Offenheit von Michail Gorbatschow setzte sich die Einsicht durch, dass es bei dem Gemetzel in Afghanistan nichts zu gewinnen gab. Große Teile der regulären afghanischen Armee waren da längst zu den Widerstandskampfern übergelaufen.
Eine Million Kriegstote
Im April 1989 rollten die letzten sowjetischen Panzer über die Freundschafts-Brücke am Amudarja-Fluss zurück in die Sowjetunion - neun Jahre, einen Monat und 19 Tage nach Beginn des Einmarsches. Orden und kostenlose U-Bahn-Fahrkarten konnten die Tragödien vieler Kriegsinvaliden und psychisch gebrochener Afghanistan-Veteranen nicht lindern. In Afghanistan zählte man zu diesem Zeitpunkt über eine Million Kriegstote und Millionen Flüchtlinge.
Der letzte kommunistische Machthaber Mohammed Nadschibullah versicherte, seine Armee werde den Mudschaheddin auch alleine standhalten. Doch sein Regime überlebte den sowjetischen Abzug nur um wenige Jahre. Für Afghanistan brachen anschließend mit dem Bürgerkrieg der verschiedenen Mudschaheddin-Fraktionen und der Machtübernahme der fanatischen Taliban-Miliz noch finsterere Zeiten an.
(epd)
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