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06-08-2004 Politik |
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In Russland Terrorist, in den USA Demokrat
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St. Petersburg. Der tschetschenische Untergrundpräsident Aslan Maschadow hat seine Regierung verschlankt. Statt 60 hat das Kabinett der „Republik Itschkerien“ nun nur noch zwölf Mitglieder. Und auch die sind in alle Winde zerstreut: "Außenminister" Iljas Achmadow erhielt jetzt in den USA politisches Asyl – was ihn vor einem russischen Haftbefehl als Terrorhelfer schützt. Ein US-Fonds stellt ihm ein Büro: Man hält ihn dort für einen demokratischen Aktivisten.
Wie die Zeitung „Kommersant“ heute unter Berufung auf den in Großbritannien lebenden „Minister für Kultur, Information und Presse“ Achmed Sakajew berichtet, hat der angeblich in Tschetschenien im Untergrund lebende Ex-Präsident Aslan Maschadow gleichzeitig die Erlaubnis gegeben, den Widerstandskampf auch außerhalb der Grenzen der Bürgerkriegsrepublik zu führen.
Dies bedeutet, dass Maschadow die Hoffnung auf Verhandlungen mit der russischen Führung aufgegeben hat – und in Zukunft Aktionen tschetschenischer Kampfgruppen im restlichen Russland gut heißen wird. Bislang hatte er Terroranschläge, bei denen Zivilisten zu Schaden kamen, immer verurteilt und als bedauerliche Überreaktionen auf das harte russische Vorgehen im Kaukasus dargestellt.
Die Reihen des Kriegskabinetts von Maschadow lichteten sich in letzter Zeit durch Todesfälle, Aussteiger und Überläufer auf die Seite der Kreml-treuen Administration in Grosny: Von Maschadows nun auf ein Fünftel verschlankten „Regierung der Republik Itschkerien“ halten sich angeblich acht Minister insgeheim in Tschetschenien auf.
Nach Darstellung des russischen Militärs, so der „Kommersant“, trifft dies aber nur für den „Staatssicherheitsminister“ Doku Umarow zu. Die russischen Behörden jagen ihn als tschetschenischen Warlord, der zuletzt im Juni gemeinsam mit Schamil Bassajew einen Terror-Großangriff mit 90 Toten im benachbarten Inguschetien geleitet haben soll.
Politisches Asyl für Itschkeriens Außenminister
„Sozialminister“ Apti Bisultanow lebt in Deutschland, „Gesundheitsminister“ Umar Chanbijew in Frankreich. „Außenminister“ Iljas Achmadow, der die von Russland als Terror-Organisation gebrandmarkte Maschadow-Administration nun im Rest der Welt vertreten soll, bekam zeitgleich von den Vereinigten Staaten Anerkennung gezollt: nicht als offizieller Repräsentant Itschkeriens, sondern zunächst nur als politischer Asylant.
Ein Einwanderungsgericht in Boston hatte ihm bereits im April den Status eines politischen Flüchtlings zuerkannt. Doch legte die US-Administration dagegen Berufung ein. Grund waren die russischen Vorwürfe, wonach Achmadow als Terroristenhelfer zu betrachten sei, da er Kontakt zu Maschadow und dem Terroristen-Chef Schamil Bassajew habe. Laut eines 2002 in Dagestan ausgestellten Haftbefehls war er an dem Überfall auf die Kaukasusrepublik im Jahre 1999 beteiligt.
Das russische Interpol-Büro bestätigte heute, dass gegen Achmadow ein internationaler Haftbefehl vorliegt. Auch hatte Russland Achmadows Auslieferung in den USA beantragt. Die russischen Beweise überzeugten jedoch – wie schon im Falle Sakajews in Dänemark und Grobritannien - nicht: Die amerikanischen Behörden zogen ihre Berufung still und leise zurück, womit die Asylzusage gültig wurde.
Alter Kalter Krieg statt internationalem Antiterror-Ansatz
Damit kann sich Achmadow nun voll seinem Ministeramt widmen: Wie Ria-Novosti berichtet, wird der vom US-Kongress finanzierte Fonds „National Endowment for Democracy“ Achmadow ein Büro in Washington zur Verfügung stellen. Nach Angaben des 1984 von ranghohen Hardlinern zum Kampf gegen das Sowjet-System geschaffenen Fonds erhielt der tschetschenische Asylant dort auch ein fünfmonatiges Forschungsstipendium: Das unter anderem nach den Expräsidenten Ronald Reagan benannte „Reagan-Fascell-Programm“ ist nach eigenen Angaben für Menschenrechtler und politische Aktivisten „aus neuen und hoffnungsvollen Demokratien“ bestimmt.
Nun darf man gespannt sein, wie Maschadows Außenminister nach dem nächsten Terroranschlag in russischen Städten dies als Itschkeriens demokratische Offensive präsentieren wird. Der Fall zeigt schon jetzt: In dem von den Präsidenten Putin und Bush schon so oft beschworenen „gemeinsamen Kampf gegen den internationalen Terrorismus“ sind die Interessen hausgemacht und die Wege deshalb verschlungen – und manchmal gehen sie über Kreuz.
(ld/.rufo)
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