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03-08-2004 Politik

Wogen um Putins Ehrendoktor glätten sich

Deutsch-russische Freundschaft. Schröder und Putin beim Shake Hands (Foto: newsru)Hamburg. Während die Diskussion um die geplante Verleihung der Ehrendoktorwürde an Präsident Putin weiter geht, bleiben die Hamburger gelassen. Die Positionen im Streit sind unverändert, während die Befürworter die Ehrung als Investition in gute deutsch-russische Beziehungen sehen, lehnen die Kontrahenten sie als inakzeptables politisches Geschäft ab. Hier ein Überblick:

Die Befürworter

Uneingeschränkte Unterstützung bekommen der Wissenschaftsrat und der Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universität von prominenten Persönlichkeiten. So zeigte sich Hamburgs ehemaliger Oberbürgermeister Klaus von Dohnanyi (SPD) entrüstet darüber, dass einige „Moralhüter“ einen „Hamburger Skandal“ inszenierten. Sein Nachfolger Dr. Henning Voscherau (SPD) legte gar jegliche hanseatische Zurückhaltung ab: „Diese Diskussion ist ein provinzielles Sommertheater.“ Er forderte die Gegner rüde auf, sie sollten, so wörtlich, „das Maul halten“. Auch dessen Nachfolger Ortwin Runde (SPD) sieht nicht, dass jemand politischen Einfluss genommen habe oder das tun sollte.

Hamburger CDU und FDP sprechen sich trotz Gegenstimmen aus den eigenen Reihen klar für die Ehrung des russischen Präsidenten aus. Allerdings schob CDU-Fraktionsvize Karen Koop Bundeskanzler Schröder den Schwarzen Peter in der hitzigen Diskussion zu. Schröder habe den Ehrendoktortitel in St. Petersburg wegen der Menschenrechtsprobleme in Russland gar nicht erst annehmen dürfen, dann wäre jetzt kein „Gegengeschäft“ fällig.

Der langjährige Vorsitzende der Deutsch-Russischen Gesellschaft, Gerhard Weber betont: "Die guten Beziehungen unserer Stadt zur Partnerstadt St. Petersburg werden dadurch unnötig belastet. Wir haben wenig Verständnis für den kleinlichen Streit."

Als ein „Jein mit Beigeschmack“ kann man die unklare Position der Hamburger SPD bezeichnen. Bülent Ciftlik betonte, die SPD werde die Ehrung im Interesse der Großmetropole Hamburg unterstützen, die immer bemüht sei, „ihre Beziehungen zu anderen Ländern und Städten gut und effizient zu gestalten“. Diese Position sei nicht als Mundhalten aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus zu verstehen.

Bei www.aktuell.RU:
• Forumsdiskussion bei russland-aktuell
Die Unentschlossenen

Der Landesvorsitzende Matthias Petersen werde „auch in Zukunft in allen Gesprächen mit Delegationen und Menschenrechtsorganisationen deutlich fordern, dass die Menschenrechte einzuhalten sind.“ Allerdings hatte Petersen geäußert, es verbiete sich die Diskussion fortzusetzen, denn „die Freundschaft mit Russland dürfe nicht gefährdet werden“. Er widersprach damit dem Fraktionschef Michael Neumann und Parteivize Jutta Blankau, die sich beide gegen die Ehrung ausgesprochen hatten.

Der amtierende Bürgermeister Ole von Beust hält die geplante Ehrung für Putins Verdienste um die Marktwirtschaft “vertretbar und richtig“. Allerdings hält er es ebenfalls für angemessen, die Menschenrechte in Russland anzusprechen. Die Verleihung der Ehrendoktorwürde sei jedoch allein Sache der Universität. Mit der Ehrung werde der russische Präsident ja „nicht gleich heilig gesprochen“.

Die Kritiker

Als einer der Ersten hatte der Chef des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts (HWWA), Thomas Straubhaar, die geplante Verleihung des Ehrendoktorhutes an Wladimir Putin kritisiert. Es handle sich um eine rein politische Ehrung, die Bezeichnung „Ehrensenator“ wäre die korrektere Variante“.

Der Vorsitzende der Städtepartnerschafts-Gesellschaft „Hansebrücke“, Peter Schmidt, warf der Universität mangelnde Sensibilität im Umgang vor und forderte den parteilosen Wissenschaftssenator Jörg Dräger auf, das Thema an sich zu nehmen und weiteren Schaden von Deutschland und Hamburg abzuwenden.

Die scharfen Proteste gegen den „Dr. hc. Putin“ werden angeführt von einer Initiative der Uni Hamburg um den Politikwissenschaftler Prof. Dr. Michael Greven. Dessen Protestresolution wurde bereits von mehr als 50 Professoren der Uni unterzeichnet. Die Wissenschaftler kritisieren vor allem die Verletzung der Menschenrechte, den anhaltenden Tschetschenienkrieg und den diktatorischen Umgang mit staatskritischen Medien und Personen sowie die Zerschlagung des Ölkonzerns YUKOS. Man könne den Wirtschaftsreformer nicht vom Staatspräsidenten Putin trennen.

Diese Position teilt auch die GAL. Fraktionsvorsitzende Christa Goetsch forderte konstatierte, in dieser Sache habe „die Autonomie der Universität ihre Grenze gefunden“. Eine Ehrung für das politische Werk zu Lebzeiten sei zudem überhaupt nicht in der Hamburger Tradition. Die Bewertung einer Persönlichkeit könne sich in deren Leben noch verändern, so die wissenschaftspolitische Sprecherin der GAL, Heike Opitz.

Im Internet
• Seite des Petersburger Dialogs
Die Gesellschaft für bedrohte Völker“ (GfbV) warf Putin offen Völkermord vor. In einem Brief an das Präsidium der Universität bittet der Generalsekretär der GfbV, Tilman Zülch, „Widerstand zu leisten gegen diese Ehrung eines Mannes, der für die Zerstörung der russischen Demokratie und den Völkermord an den Tschetschenen verantwortlich ist.“

Studentenvertretungen mit dem AstA der Uni an der Spitze und verschiedene Menschenrechtsorganisationen haben öffentliche Proteste angekündigt.

Vor Im Vordergrund der Promotionsordnung sei der Vizepräsident der Uni, Prof. Karl-Werner Hansmann, immer noch bemüht, die Ehrenpromotion für wirtschaftswissenschaftliche Leistungen zu begründen. Dabei handle es sich um eine rein dekorative Auszeichnung, so Prof. Greven ironisch.

Bei www.aktuell.RU:
• Uni Hamburg uneins über Doktorhut für Putin (21.07.2004)
• Hamburg diskutiert um Dr. Putin (22.07.2004)
• Wissenschaft gegen, Wirtschaft für Dr. Putin (23.07.2004)
• Ehrendoktor Putin und die Zivilgesellschaft (02.08.2004)

Der Ehrenvorsitzende der FDP, Otto Graf Lambsdorff, äußerte unlängst im Inforadio von RBB zur Zerschlagung des Ölkonzerns Yukos, die Renationalisierung von Schlüsselindustrien habe mit Marktwirtschaft nichts zu tun. "Es kommt einem schon komisch vor, wenn ausgerechnet in diesen Zeiten die wirtschaftswissenschaftliche Fakultät Hamburg Herrn Putin den Ehrendoktor für seine Verdienste um die Marktwirtschaft verleihen will", so Lambsdorff.

Präsident Putin hat sich bisher nicht geäußert, ob er diese Auszeichnung überhaupt annehmen werde.

(isla/.rufo)

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