Moskau. Die von den regionalen Behörden diskriminierte türkische Minderheit in Südrussland kann vollständig in die USA auswandern. Eine erste Gruppe von elf Personen verließ am Mittwoch das Land. Die US-Behörden haben sich bereit erklärt, allen Angehörigen des Mescheten-Volkes die Einreise zu ermöglichen, die seit Ende der 1980-er Jahren ohne Aufenthaltsstatus im südrussischen Gebiet Krasnodar lebten.
Die Aussiedelung der Mescheten sei ein zweifelloser Erfolg der Regionalbehörden, sagte Alexander Ossipow von der Bürgerrechtsorganisation Memorial dem epd. Mit der Aufnahme der türkischen Flüchtlinge sei ein gefährlicher Präzedenzfall entstanden. Womöglich entstehe die Versuchung für Politiker, auch andere ethnische Minderheiten auf diese Weise abzuschieben. Andererseits sei die Auswanderung in den USA für die Mescheten offensichtlich die einzige Chance, ein menschenwürdiges Leben zu führen.
Sowjetdiktator Stalin hatte die Mescheten aus dem Kaukasus nach Mittelasien deportieren lassen. Dort waren sie Ende der 80er Jahre Opfer von Pogromen geworden. Viele flüchteten noch vor dem Zerfall der Sowjetunion vor der Gewalt zurück in den russischen Nordkaukasus. Im Gebiet Krasnodar weigerten sich die Behörden, den Mescheten die russische Staatsbürgerschaft zuzuerkennen, auf die sei einen Anspruch hatten, oder ihnen auch nur eine polizeiliche Anmeldung auszustellen. Stattdessen forderten sie die Flüchtlinge auf, wieder ins mittelasiatische Usbekistan oder in ihre historische Heimat nach Georgien zurückzukehren.
Der nationalistische Gebietsgouverneur Alexander Tkatschow hatte in den letzten Jahren den Druck auf die Zuwanderer immer weiter erhöhen lassen. Ohne Papiere können die Mescheten derzeit keine offizielle Arbeit aufnehmen, keine Immobilien erwerben und sich noch nicht einmal medizinisch behandeln lassen oder heiraten. Schätzungen zufolge leben derzeit noch etwas über 10.000 Mescheten in Südrussland.
(epd/kp)
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